■ Kommentar: Das Ende der Heuchelei
Mit der Harmonie ist es vorbei. In schönen Worten unterstützt zwar auch FU-Präsident Johann Wilhelm Gerlach den studentischen Protest. Tatsächlich aber demonstrierte er gestern von den StudentInnen getrennt, am Montag ließ er die Polizei aufmarschieren. Der Konflikt zeigt: Die Solidaritätsadressen von Professoren und Uni-Präsidenten sind Heuchelei. In Wahrheit sind studentische und professorale Interessen grundverschieden. Angesichts knapper Kassen kann die Lehre nur reformieren, wer zugleich an den Privilegien von Lehrstuhlinhabern sägt. Nicht weniger heuchlerisch sind die Demo-Aufrufe der Gewerkschaften. Derzeit wird der Stellenabbau auf dem Rücken von StudentInnen und JungwissenschaftlerInnen ausgetragen, weil ihre Stellen befristet sind. Verwaltungspersonal, das die Lehre oft eher behindert, ist dagegen nicht kündbar.
Es mag auf den ersten Blick paradox erscheinen: Wenn die Professoren der FU die Halbierung ihrer Stellen im Akademischen Senat so schnell wie möglich über die Bühne bekommen wollen, haben sie ihre Interessen fest im Blick. Nur wenn es die Berliner Hochschulen schaffen, die Sparvorgaben des Senats innerhalb der bestehenden Strukturen umzusetzen, können sie eine politische Debatte über eine Reform mit Haut und Haaren vermeiden. Vielleicht sind die FU-Professoren einfach nur ehrlicher als ihre Kollegen an HU, TU und HdK, die den protestierenden StudentInnen kosmetische Zugeständnisse machen. Ralph Bollmann
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