piwik no script img

Schneider will Konkursverwalter helfen

■ Morgen halten die Staatsanwälte die Plädoyers im Fall Jürgen Schneider. Nach der Haft möchte der „in der Denkmalpflege“ arbeiten

Frankfurt/Main (taz) – Der Schneider-Prozeß geht dem Ende entgehen. Richter Heinrich Gehrke, Vorsitzender der Wirtschaftsstrafkammer des Frankfurter Landgerichts, wirkte daher gestern bestens gelaunt. Er fragte den des Betruges angeklagten Immobilienpleitier Jürgen Schneider vor allem nach dessen persönlichen Verhältnissen. Was er denn nach der Haft machen wolle, wovon er leben wolle? Schneider schlug vor, er könne doch „dem Konkursverwalter helfen“. Oder, wenn dem das nicht recht sei, „in der Denkmalpflege arbeiten“. Gehrke: „Also nicht selbst als Denkmal?“

Wohnen wolle Schneider, Fluchtgefahr ausschließend, in der Wohnung seiner Frau in Kronberg, auf jeden Fall aber „im Rhein-Main-Gebiet, hier bin ich tief verwurzelt“. Von den Millionenbeträgen, die durch seine Hände gegangen waren, versicherte er, sei nichts übriggeblieben. Auf Fragen des Staatsanwaltes Dieter Heike nach Notizen, die an seinem Fluchtort in Miami beschlagnahmt worden waren, gab er bereitwillig Auskunft. Er sei „völlig mittellos“ gewesen und habe versucht, von Leuten, denen er einst überhöhte Rechnungen oder Provisionen bezahlt habe, Geld zurückzubekommen. Das aber sei „ein totaler Reinfall“ gewesen. Statt dessen hätten sein Sohn und seine Tochter für ihn bei Freunden „auf Betteltour gehen“ müssen. Sie und seine Frau hätten von seinen krummen Geschäften, die er allein zu verantworten habe, „nichts verstanden“.

Zuvor hatte Gehrke Schneider in einem ausgiebigen Dialog goldene Brücken gebaut. Immer wieder fragte er nach, ob es denn nicht so gewesen sein könne, daß dem Angeklagten das seit 1981 expandierte Immobiliengeschäft über den Kopf gewachsen sei? Gar etwas Suchtartiges gehabt habe? Ob er nicht als Newcomer „zu teuer gekauft, zu teuer gebaut, zu teuer hergerichtet und verwaltet“ habe? Schneider räumte dann ein: „Da ist was Wahres dran.“ Als er gemerkt habe, sich von seinen „Antiquitäten“ trennen zu müssen, sei es schon zu spät gewesen.

Am Vormittag hatte das Gericht Akten verlesen. In zwei Briefen hatte 1995 das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen die mangelnde Prüfung der Schneider- Objekte sowie dessen eigenen Vermögens gerügt. Morgen werden die Staatsanwälte plädieren. Ob Schneider aber nach über 30 Monaten Untersuchungshaft zu Weihnachten freikommt, ist noch fraglich. Heide Platen

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen