: Berlin Spitze - bei den Gaspreisen
■ Toller Umweltschutz bei der Gasag: Das Unternehmen hält seine KundInnen zum Energiesparen an - mit Gaspreisen, die bundesweit in der Spitzengruppe liegen. Kartellamt hat nichts dagegen
Die GasverbraucherInnen haben Glück mit ihrem Versorgungsunternehmen. Dem Umweltschutz in besonderer Weise verpflichtet, fordert der mehrheitlich landeseigene Monopolist Gasag Preise, die auf der bundesweiten Hitliste ganz oben stehen. Das Unternehmen verwirklicht damit eine alte Forderung von UmweltschützerInnen: Hohe Energiepreise bringen die VerbraucherInnen dazu, ihre Heizungen früher abzustellen. Das entlastet das Klima.
Wie das Bundeskartellamt rechtzeitig zum Tag der guten Nachricht in einer Liste zusammengestellt hat, bezahlen die GaskundInnen im Ostteil der Stadt zwischen 13,9 und 32,4 Prozent mehr als die VerbraucherInnen im Umland bei der Gasversorgung Weser-Ems (EWE). Im Westteil Berlins liegen die Rechnungen zwischen 34,6 und 39,5 Prozent darüber.
Zu einem ähnlichen Ergebnis kommt die Zeitschrift Capital in einem Vergleich der 84 deutschen Großstädte: Beim Gas ist Berlin die sechstteuerste, in der Gesamtbewertung aller Versorgungskosten die zweitteuerste Stadt.
Diese ökologischen Bestrebungen werden unterstützt von der Landeskartellbehörde, die Wirtschaftssenator Elmar Pieroth (CDU) untersteht. „Die Preise der Gasag werden laufend überprüft, zuletzt im Oktober“, sagte Pieroths Sprecher Michael Wehran. Einen Grund zu Beanstandungen gebe es nicht.
Ganz anders urteilt das Bundeskartellamt: Von einer wirksamen Kontrolle könne offensichtlich nicht die Rede sein, heißt es dort. Mit dem „Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen“ in der Hand versucht die Bundesbehörde gerade den Umlandversorger Spreegas zu zwingen, seine Preise in Richtung der EWE-Abrechnungen zu senken. Zum Glück für Berlins Wettbewerbsschützer, die Gasag und das Klima hat das Bundeskartellamt in der Stadt allerdings nichts zu sagen. Es darf nur tätig werden, wenn eine Gasfirma KundInnen in zwei oder mehr Bundesländern beliefert. Die Gasag beschränkt sich auf Berlin.
Trotzdem wird die Gasag aber im April ihre Westpreise auf Ostniveau reduzieren, und damit, so Wehran, ihre Abrechungen unter den Bundesdurchschnitt senken. Auch danach werden sie allerdings noch um einiges über den Preisen der EWE liegen.
Angesichts der Gasag-freundlichen Haltung des hiesigen Landeskartellamtes empfiehlt der Brandenburger Wettbewerbshüter Harald Piltz seinen Berliner KollegInnen, die Arbeit gleich ganz liegenzulassen und „spazierenzugehen“. Wenn sie das tun, können sie die Früchte ihrer Tätigkeit genießen: die saubere Luft. Hannes Koch
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