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US-Richter verwarnt Microsoft

■ Verträge mit Computerherstellern vorläufig ungültig: Internet-Software muß nicht mehr automatisch mitgeliefert werden. Der Software-Konzern expandiert trotzdem munter weiter

Berlin/Washington (taz/rtr) – Ein US-Gericht hat dem Software- Konzern Microsoft einen Schuß vor den Bug verpaßt. Die gekoppelte Vermarktung des Betriebssystems „Windows 95“ mit dem Surfprogramm „Internet Explorer“ ist vorläufig verboten. Microsoft- Programme bringen etwa 90 Prozent aller Personal Computer weltweit zum Laufen. Deshalb dürfe der Software-Konzern PC-Hersteller nicht mehr zwingen, bei Abnahme von Betriebssystemen auch die Internet-Software des Konzerns zu installieren, ordnete Richter Thomas Penfield Jackson am Donnerstag abend in Washington an. Er beauftragte zugleich einen Experten mit der Prüfung des Falls bis zum 31. Mai 1998. Danach solle eine endgültige Entscheidung fallen. Microsoft zeigte sich zuversichtlich; Konkurrent Netscape begrüßte das Urteil.

Trotz der vorläufigen Entscheidung gegen die Vermarktungsstrategie von Microsoft lehnte Jackson jedoch weitere Anträge des US-Justizministeriums (taz vom 22.Oktober 1997) gegen den Konzern ab. So entschied er zum Beispiel, Microsoft nicht der Mißachtung eines Abkommens mit dem Ministerium schuldig zu sprechen und den Konzern auch nicht zur Zahlung einer täglichen Buße von einer Million Dollar zu verurteilen. Das Ministerium hatte 1995 mit Microsoft ein Abkommen geschlossen, wonach der Software-Riese nicht den Kauf eines Produkts an den Kauf eines anderen koppeln darf.

Das Ministerium wirft Microsoft vor, mit der Koppelung die Internet-Software des World-Wide- Web-Pioniers Netscape, den „Netscape Navigator“, aus dem Markt drängen zu wollen. Netscape hat hier noch mehr als 60 Prozent Marktanteil, Microsoft holt aber schnell auf.

Netscape-Vizepräsidentin Lori Mirek sagte: „Natürlich sind wir sehr zufrieden.“ Netscape könne nun auf gleichberechtigter Basis mit PC-Herstellern über die Vorinstallation des „Navigator“ verhandeln. Das eröffne „eine völlig neue Runde im Wettbewerb“. Microsoft wird aber nach wie vor seinen Explorer gratis anbieten.

Microsoft hat auf dem Weg zu einer beherrschenden Stellung auch bei Multimedia und der Internet-Software noch andere Eisen im Feuer. Laut den Vorwürfen des Konkurrenten Sun Microsystems läßt Microsoft „Java“-Programme schreiben, die nur auf Microsoft- Betriebssystemen laufen. Sun hat die Programmiersprache „Java“ aber eigentlich für alle Software- Schmieden kostenlos zur Verfügung gestellt, damit es eine auf allen Computern laufende Sprache für das weltweite Netz gibt.

Bei der Verbreitung von Nachrichten schreibt Microsoft die Software für eine bedeutende neue Allianz: Anfang der Woche gaben der US-Fernsehsender NBC und der Medienkonzern Dow Jones (Wall Street Journal) bekannt, daß sie künftig gemeinsam weltweit Wirtschaftsnachrichten verbreiten wollen. Und wenn eine Software- Entwicklung aus dem eigenen Haus nicht richtig hinhaut, denkt Microsoft-Chef Bill Gates schnell um und kauft einfach die Konkurrenz, wenn sie eine bessere Lösung gefunden hat. Nach Gerüchten vom Wochenende will Gates für 300 bis 500 Millionen Dollar die E-Mail-Könige von HotMail kaufen, nachdem das Microsoft- E-Mail-Programm nicht läuft wie gewünscht. HotMail bietet kostenlos den Versand von E-Mails an und finanziert sich über Werbung. Mit über zehn Millionen Kunden ist die Firma nach eigenen Angaben weltweit der Marktführer. Jeden Monat kommen demnach bei HotMail – künftig eventuell bei Microsoft – 1,5 Millionen neue Kunden hinzu. rem

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