Neue grüne Harmonie

Die grüne Parteispitze stellte den überarbeiteten Programmentwurf vor, dessen erste Fassung für Ärger gesorgt hatte  ■ Aus Bonn Bettina Gaus

Nein, auch der überarbeitete Programmentwurf der Bündnisgrünen für die Bundestagswahl dürfte nach Einschätzung von Vorstandssprecher Jürgen Trittin der SPD nicht gefallen: Das Programm „war vorher nicht SPD-kompatibel, und es wird nie SPD-kompatibel sein, weil es ein grünes Programm ist“, erklärte er gestern in Bonn. Aber natürlich, so Trittin, müßten bei Koalitionsverhandlungen alle Beteiligten Kompromisse machen. Bereitschaft zum Entgegenkommen hat der Bundesvorstand mit dem neuen Entwurf, der gestern offiziell in Bonn vorgestellt wurde, auch nach innen gezeigt. Der interne Streit über das Wahlprogramm dürfte beigelegt sein, nachdem einige wesentliche Änderungen und Ergänzungen eingearbeitet wurden.

Vor allem der Kritik am außenpolitischen Teil, die aus dem Realo-Lager geübt worden war, ist Rechnung getragen worden. Dabei hat sich der vom linken Parteiflügel dominierte Bundesvorstand gleichzeitig darum bemüht, eigene Positionen dennoch nicht aufzugeben. So findet sich in dem Programm nach wie vor der Satz: „Militärische Friedenserzwingung und Kampfeinsätze lehnen wir ab.“ Mit Blick auf aktuelle Konflikte wie den in Bosnien wird aber nun zugleich auf „das Dilemma der internationalen Gemeinschaft“ verwiesen: „Aktives Eingreifen zur Bewahrung des Friedens ist nötig, aber nicht immer erfolgreich möglich. Dauerhafter Frieden läßt sich nicht militärisch erzwingen.“ Die Formulierung bietet Spielraum für Koalitionsverhandlungen.

Nach wie vor fordern die Grünen eine „grundlegende Neuorientierung“ der Sicherheitspolitik. Militärbündnisse und nationale Armeen sollten in einer „gesamteuropäischen Friedens-und Sicherheitsordnung“ aufgelöst werden, die auch die Nato ablösen müsse. Das soll allerdings schrittweise geschehen: Das Projekt sei langfristig und weise „weit über den Horizont einer Regierungsperiode“ hinaus. „Friedenspolitische Vorstellungen können nur im Dialog mit Freunden und Partnern umgesetzt werden. Ein einseitiger Austritt Deutschlands aus der NATO ist abzulehnen.“

Auch weiterhin halten die Bündnisgrünen an ihrer Forderung nach Abschaffung der Wehrpflicht „und damit auch des Zivildienstes“ fest. Sie sind „für die vertragsgemäße Einführung des Euro und gegen alle Versuche einer Verschiebung“, treten „allerdings nachdrücklich für eine politische Korrektur der Rahmenbedingungen der Währungsunion“ ein.

Auch an dem umstrittenen Ziel, den Bezinpreis in den kommenden zehn Jahren schrittweise auf fünf Mark je Liter zu erhöhen, hält die Partei weiter fest. Die Bündnisgrünen wollen die Vermögenssteuer wiedereinführen. Für den Aufbau Ost sollen Vermögen über zwei Millionen Mark mit einer befristeten Sonderabgabe belegt werden.

„Vollbeschäftigung muß neu definiert werden“, heißt es weiter. Die Grünen machten „den Menschen nicht länger weis, daß man mit mehr Wachstum die Arbeitslosigkeit beseitigen kann“, sagte dazu Trittin. Um den Faktor Arbeit zu entlasten, ist die Besteuerung von Energie und Emissionen vorgesehen. „Wir bleiben unserem Konzept der Öko-Steuer treu“, erklärte Vorstandssprecherin Gunda Röstel. Der Programmentwurf soll auf dem Länderrat Anfang des Jahres noch einmal diskutiert werden, bevor die Bundesdelegiertenkonferenz im März dann die endgültige Fassung verabschiedet. Röstel erwartet für einige Fomulierungen Änderungsanträge, sieht aber in dem Entwurf insgesamt „ein Angebot für einen echten Politikwechsel“.