piwik no script img

Kind kam nach Kunstfehler, Arzt muß Alimente zahlen

■ Ärzte scheitern vor dem Bundesverfassungsgericht: Für mißlungene Sterilisation oder fehlerhafte Genberatung kann auch künftig Schadenersatz verlangt werden

Freiburg (taz) – Unterhalt für ungewollte Kinder kann weiterhin von pfuschenden ÄrztInnen gefordert werden. Dies entschied gestern der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts. Dagegen geklagt hatten zwei Mediziner, die zu Schadenersatzzahlungen verurteilt worden waren. In einem Fall ging es um eine fehlgeschlagene Sterilisation, im anderen um eine ungenaue genetische Beratung vor der Geburt einer behinderten Tochter.

Der Bundesgerichtshof hatte die Ärzte zum Unterhalt verurteilt. Vor dem Verfassungsgericht argumentierten sie dann, es sei nach der deutschen Rechtsordnung „unethisch“, wenn ein Kind „als Schaden“ im zivilrechtlichen Sinne angesehen werde.

Damit hatten sie keinen Erfolg. Man müsse, so heißt es im Beschluß, schließlich zwischen Kind und Unterhaltskosten unterscheiden. Die Anerkennung eines Menschen beruhe nicht auf Übernahme von Unterhaltspflichten durch die Eltern, sondern auf dem Eltern-Kind-Verhältnis nach der Geburt. Es könnte sogar die Entwicklung der Elternliebe etwas fördern, so Karlsruhe sinngemäß, wenn der Unterhalt für das einst ungewollte Kind von einem Dritten bezahlt werde. Damit wandelte sich auch die Rechtsprechung des Verfassungsgerichts. Noch 1993 hatte der konservative Zweite Senat betont: ein Kind dürfe nicht als „Schadensquelle“ qualifiziert werden. (Az.: 1 BvR 479/92 und 307/94) Christian Rath Tagesthema Seite 3

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen