: Der Auto-Staubsauger am Dom
Ein achtstöckiges rundes Parkhaus auf dem Heiligengeistfeld soll den Verkehrsstrom unterbringen, den es provoziert ■ Von Marco Carini
Parkhausklotz statt Verkehrskonzept? Um die Parkprobleme rund um das Heiligengeistfeld zu lösen, wird in der Stadtentwicklungsbehörde (Steb) über den Bau eines mehrstöckigen Parkhauses an der Glacischaussee, Ecke Feldstraße nachgedacht. Steb-Sprecherin Ina Klotzhuber bestätigte gestern gegenüber der taz: „Das Parkhaus ist einer der Vorschläge, die in der Diskussion sind, um die Verkehrssituation im Viertel zu entlasten.“Eine Entscheidung über das Projekt sei allerdings noch nicht gefallen.
Der achtstöckige Rundbau soll nach dem Modell des Flughafen-Parkhauses konstruiert werden und über 700 bis 800 Stellplätze verfügen. Neben gut 200 DauerparkerInnen sollen vor allem die BesucherInnen der Messe, der Gerichte, des Hamburger Doms und der Heimspiele des FC St. Pauli hier Platz für ihre Autos finden.
Das Architektenbüro „Nugent und Hertel“, das die Bau-Pläne betreut, will nach Informationen der taz mit dem etwa 20 Meter hohen und fast doppelt so breiten Koloß mehrere Probleme auf einmal lösen: Für das geplante neue Millerntor-Stadion werden ebenso neue Stellplätze gebraucht wie für die auf dem ehemaligen Laue-Areal geplanten Wohn- und Büroneubauten. Zudem ließen die Architekten, die sich gestern nicht offiziell äußern wollten, durchblicken, daß mit dem Klotz sich die Chancen erhöhen würden, im Karo-Viertel „Anwohnerparken“zu ermöglichen. Diese Pläne waren bislang unter anderem daran gescheitert, daß am Heiligengeistfeld zu wenige AnwohnerInnen-Stellplätze zur Verfügung stehen würden.
Im Bezirk Mitte und bei Teilen der AnwohnerInnen löst das Projekt die Befürchtung aus, daß das Parkhaus an die Stelle eines integrierten Verkehrskonzepts für den Stadtteil treten könnte. Ein Behördenmitarbeiter: „Wir brauchen einen Plan zur Vermeidung des Individualverkehrs und kein Parkhaus, das noch weitere Autos anlockt.“
Im vorigen Jahr hatten die Stadtentwicklungsgesellschaft (Steg) und ein vom FC St. Pauli initiierter Verkehrsworkshop erste Untersuchungen und Vorschläge präsentiert, wie das Verkehrsaufkommen auch nach der Fertigstellung des Laue-Areals und des neuen Fußballstadions in den Griff zu bekommen sei. Die Vorschläge reichen von der besseren Ausnutzung der vorhandenen Parkplätze etwa auf dem Gelände des Conti-Kaufhauses über die Einrichtung neuer Parkplätze auf einer verengten Glacischaussee bis hin zu einem weiteren U-Bahnausgang für die Station „St. Pauli“und der Verbreiterung der Fahrradwege.
In der Bezirksversammlung Mitte verliehen mehrere AnwohnerInnen gestern in der Fragestunde ihrer Befürchtung Ausdruck, daß diese Ideen nicht mehr weiterentwickelt werden, wenn ein neues Parkhaus den provozierten Zusatzverkehr wie ein Staubsauger aufsaugt.
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