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In der Werkstatt ist jede Frage erlaubt

■ In Kreuzberg entsteht ein zweites Frauengründerinnenzentrum

Endlich die eigene Chefin sein! Auf einer Fläche von insgesamt 1.500 Quadratmetern wird in Kreuzberg ein Frauenwirtschaftszentrum entstehen. Gestern fand die Gründungsversammlung statt. Schon im Frühjahr sollen Therapeutinnen, eine Goldschmiedin und eine Fotowerkstatt in Räume in der Glogauer Straße 19-21 einziehen, ein Low-Budget-Hotel für Frauen in der Stresemannstraße 30 und weitere Projekte von insgesamt 15 selbständigen Frauen werden folgen. Hauptstandort des Zentrums wird die Kohlfurter Straße 41-43a. Die Kreuzberger Frauenbeauftragte Petra Koch- Knöbel hofft, daß „pro Betrieb langfristig drei bis vier Arbeitsplätze geschaffen werden“.

Im Gegensatz zur Weiberwirtschaft, einem Zusammenschluß von Unternehmerinnen in der Anklamer Straße 38 in Mitte, können die Kreuzberginnen Räume vom Bezirksamt mieten. „So vermindern wir den Leerstand“, freut sich Koch-Knöbel. Gründerin Doris Fortwengel hofft, daß die Warmmiete im Frauenwirtschaftszentrum bei 13 Mark pro Quadratmeter liegen wird. Bei der Weiberwirtschaft, die Räume von der Treuhand kaufen mußte, beträgt die Kaltmiete bis zu 22 Mark. Die Frauen in Mitte leisteten Gesamtinvestitionen von rund 36 Millionen Mark und müssen jetzt 20 Jahre lang Kredite abzahlen.

Wie auch in Mitte haben sich in Kreuzberg Unternehmerinnen mit äußerst kreativen Geschäftsideen zusammengefunden. Vom gemeinsamen Arbeiten erhoffen sie sich Synergieeffekte. „Es gehört zu unserem Konzept, daß wir gerade die vielen Migrantinnen einbeziehen, die in Kreuzberg leben“, betont Fortwengel. Sie will sich im Frauenwirtschaftszentrum ein Architektenbüro einrichten.

In der Werkstatt „Autofeminista“, die bislang ihren Sitz in Wedding hat, können Frauen unter sachkundiger Anleitung an ihren Fahrzeugen schrauben und sie preisgünstig reparieren lassen. Hier lernen sie auch, wie frau Ölwechsel und Frühjahrs-Checks bewältigt. Im Gegensatz zu herkömmlichen Werkstätten werden sie dabei nicht belächelt oder herabgewürdigt. „Bei uns ist jede Frage erlaubt“, sagt Silvia Kavčič.

In ihrer Fahrradwerkstatt, die als Erweiterung einer Adresse in Friedrichshain geplant ist, bietet Cornelia Sichting gerade Einkommensschwachen und kinderreichen Familien günstige Konditionen an. „Ich werde eine Mechanikerin einstellen“, plant sie.

Tabellenkalkulation, Textverarbeitung, juristische Grundlagen, kurz: das Einmaleins der Existenzgründung lernen Frauen bei der Initiative selbständiger Immigrantinnen. Ehemalige Kursteilnehmerinnen sind heute im Teppich- und Teehandel, als Heilpraktikerinnen und Kosmetikerinnen tätig. Der Einstieg in die Selbständigkeit ist für die Frauen aus Rußland, Kolumbien, Kenia, der Türkei und anderen Ländern eine große Chance. „Migrantinnen fällt es schwer, eine Stelle zu finden, die ihrer Qualifikation entspricht“, berichtet Gründerin Mansure Uslu.

Männer sind im Frauenwirtschaftszentrum übrigens durchaus willkommen: Zwar nicht als Chefs, dafür aber als Kunden und Mitarbeiter. Josefine Janert

Sowohl das Frauenwirtschaftszentrum (Kontakt: 25883323) als auch die Weiberwirtschaft (Tel.: 440 2230) suchen Mitstreiterinnen.

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