: Einakter im Theater von Sarajevo
■ Bei seinem Besuch ruft Präsident Bill Clinton die bosnische Bevölkerung zur Einheit auf. Treffen mit US-Soldaten soll in den USA für Mandatsverlängerung der Friedenstruppe werben
Sarajevo (rtr/AFP) – US-Präsident Bill Clinton hat gestern bei seinem ersten Besuch in Sarajevo Bürger und Politiker in Bosnien aufgefordert, in Frieden die Einheit des Landes zu verwirklichen. Dabei hätten sie die Unterstützung der USA, sagte Clinton in einer Rede im Nationaltheater. Letztendlich sei es Sache von Bürgern und Politikern, Bosnien zu einem Land mit zwei multiethnischen Teilen zu machen und eine Zukunft zu geben, nicht Sache von Amerikanern oder Europäern. Die Verantwortlichkeit der bosnischen Politiker sei nicht mit der Unterzeichnung des Friedensabkommens von Dayton beendet. „Ihre Veranwortung ist es, die in Dayton unterschriebenen Dokumente zur lebenden Realität zu erwecken“, sagte der Präsident.
Zudem würdigte Clinton die Leistungen der Friedentruppe in Bosnien. „Vor wenig mehr als zwei jahren rannten Männer, Frauen und Kinde unter dem Feuer von Heckenschützen und Granaten zur Trinkwasserausgabe. Heute können sie sicher zur Arbeit und zur Schule gehen“, sagte er. Clinton dankte dem Vorsitzenden des Staatspräsidiums, dem Muslim Alija Izetbegović, und dem kroatischen Vertreter Kresimir Zubak. Der serbische Repräsentant Momčilo Krajišnik, der Clinton auf dem Flughafen empfangen hatte, fehlte im Nationaltheater.
Zuvor hatten Tausende Clinton bei seiner Ankunft in Sarajevo begrüßt. Doch es gab auch kritische Stimmen. Eine Gruppe von Bewohnern der Hauptstadt verteilte Anstecker mit dem Aufdruck „What FOR?“ in Anspielung auf die Friedenstruppe SFOR.
Clinton hatte am vergangenen Donnerstag angekündigt, daß US- Soldaten auch über das Ende des SFOR-Mandats im Juni 1998 hinaus in Bosnien stationiert bleiben. Am Nachmittag reiste der Präsident weiter nach Tuzla. Dort befindet sich die Basis der US-Truppen. Derzeit sind in Bosnien rund 8.000 US-Soldaten stationiert. Mit seinem Besuch unmittelbar vor den Weihnachtsfeiertagen wollte Clinton nicht nur bei den US-Truppen, sondern auch in der amerikanischen Öffentlichkeit für seine Entscheidung werben, die Stationierung zu verlängern. Widerstand wird vor allem von der republikanischen Kongreßmehrheit erwartet.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen