: „Weil Sie Ausländer sind“
Die Hamburger Baugenossenschaft Fluwog-Nordmark will eine freistehende Sozialwohnung nicht an eine iranische Familie vermieten ■ Von Elke Spanner
Gerne hätte die iranische Familie Hosseini ihren Weihnachtsbaum in einer eigenen Wohnung aufgestellt. Seit sechs Jahren lebt die vierköpfige Familie in einem einzigen Zimmer in einer Flüchtlingsunterkunft in Groß Borstel. Zwar ist den Hos-seinis Asyl gewährt worden, sie sind damit also berechtigt, eine Wohnung zu beziehen. Tatsächlich hat das Wohnungsamt der Familie auch schon ein Angebot gemacht. Das scheiterte jedoch an der Baugenossenschaft Fluwog-Nordmark. Dort beschied eine Angestellte den Hosseinis, die Wohnung sei für sie nicht zu haben, „weil Sie Ausländer sind“.
„Deshalb dürfen wir kein eigenes Zimmer haben?“fragen sich die beiden Kinder, seit sie mit ihrem Vater bei der Wohnungsbaugesellschaft waren. Mohammad Reza Hosseini schaltete inzwischen eine Rechtsanwältin ein. Er und seine Frau sind arbeitslos, die Familie ist somit auf Sozialhilfe und dadurch auf eine öffentlich geförderte Wohnung angewiesen. Die Chancen auf dem freien Markt sind schlecht. Ein Hoffnungsschimmer flammte auf, als das Wohnungsamt den Hosseinis die Bleibe in Fuhlsbüttel anbot. Doch schon wenige Tage nach der Besichtigung kam die telefonische Absage. Die Wohnung sei bereits an andere Interessenten vergeben, bedauerte eine Sachbearbeiterin.
Mohammad Reza Hosseini hatte jedoch von der Vormieterin erfahren, daß nur noch zwei weitere Familien die Wohnung besichtigt und prompt dankend abgelehnt hatten. In der Hoffnung, es handele sich um einen Irrtum, besuchten die Hosseinis deshalb die Fluwog-Nordmark in Begleitung einer deutschen Freundin. Die bestätigt in einer eidesstattlichen Versicherung, die der taz vorliegt, was dann geschah: „Die Sachbearbeiterin sagte: ,Sie bekommen die Wohnung nicht, weil Sie Ausländer sind.'“Zusammen mit ihrem Vorgesetzten habe sie beschlossen, daß keine weiteren Ausländer mehr in dem Haus wohnen sollten.
Der Geschäftsführer der Wohnungsbaugenossenschaft, Joachim Braun, will davon jedoch nichts wissen. „Wir vermieten auch an ausländische Mitbürger“, sagt er. Andererseits achte seine Gesellschaft darauf, daß die Häuser eine „gesunde Mischung“enthielten. „Die Menschen sollen da ja friedlich zusammenleben.“.Das mache sich aber nicht an deren Nationalität fest.
Hosseinis Anwältin Ursel Naderhoff-Spili hat sich inzwischen bei der Wohnungsgesellschaft beschwert. „Es handelt sich um Sozialwohnungen, die für alle Personen mit Dringlichkeitsschein ungeachtet ihrer Nationalität vergeben werden müssen“, mahnte sie. Außerdem hat sie den Hamburger Ausländerbeauftragten informiert. Denn eine Mitarbeiterin des Wohnungsamtes offenbarte der Anwältin eine interne Absprache mit den Wohnungsbaugesellschaften: Wenn der Eindruck entstehe, in einem Wohngebiet lebten bereits zu viele AusländerInnen, sollten freiwerdende Wohnungen nur noch an Deutsche vermietet werden. Dummerweise, so erzählte die Dame vom Wohnungsamt der Anwältin weiter, habe die Sachbearbeiterin der Wohnungsgesellschaft das der Familie Hosseini offenbart.
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