: Werbefirma steht stramm vor der CDU
■ Deutsche Städtereklame überklebte ein bundeswehrkritisches Plakat auf einer Werbewand / Ein CDU Politiker hatte sich mit Hinweis auf seine guten Kontakte zu Bausenator Schulte beschwert
Joachim Fischer ist in Woltmershausen bekannt wie ein bunter Hund. Seit sechs Jahren streitet der Sprecher der Pusdorfer Friedensgruppe auf Plakatwänden der Deutschen Städtereklame (DSR) für eine bessere Welt: „Sehr geehrter Herr Senator, stoppen Sie den Rüstungsexport über Bremische Häfen“, bat Fischer Häfensenator Uwe Beckmeyer (SPD) kürzlich mit großen Buchstaben auf weißem Grund. Als er jetzt allerdings den Rechtsradikalismus in der Bundeswehr aufs Korn nehmen wollte, erlebte Fischer sein blaues Wunder.
Der Spruch „Wie steigert man die Farbe braun? Braun, brauner, Bundeswehr“stand nur 48 Stunden auf der für zehn Tage gemieteten Plakatwand. Dabei war nicht etwa die Bremer Staatsanwalt hellhörig geworden, sondern Stephan Dellingshausen, CDU-Beiratsmitglied in Horn-Lehe. Mit dem Hinweis auf seine guten Kontakte zu Bausenator Bernt Schulte (CDU) hatte er sich bei der DSR beschwert. Schulte sitzt im Aufsichtsrat der DSR, die einer Reihe deutscher Kommunen gehört. Die DSR reagierte prompt und übermalte das Plakat.
„Unser Recht auf freie Meinungsäußerung wird mit Füßen getreten“, empört sich Fischer. „Das war eine Satire. Man kann darüber streiten, ob sie gelungen ist. Aber es kann doch nicht sein, daß die Beschwerde eines einzelnen dazu führt, daß wir unsere Meinung nicht mehr darstellen dürfen.“
Dem hat Klaus Seeger, Leiter der Rechtsabteilung der DSR-Zentrale in Frankfurt, wenig entgegenzusetzen. „Der Wunsch eines Politikers kann für uns kein tragender Gesichtspunkt sein“, versichert er. Die DSR behalte sich zwar vor, Plakate abzulehnen, allerdings nur, wenn ein Verstoß gegen das Strafgesetzbuch vorliege. Den kann der Jurist aber nicht erkennen. Der Spruch sei „eher Geschmackssache, aber kein Grund, das Plakat zu überkleben.“Auch der zuständige Staatsanwalt sieht in der „polemischen, platten Äußerung“keine Beleidigung und, mit Blick auf die Meinungsfreiheit, auch keinen Grund für ein Ermittlungsverfahren.
Warum die Bremer Geschäftsstelle der DSR das Plakat dennoch überklebt hat, bleibt unklar. Trotz mehrfacher Anfrage gab sie gestern keine Stellungnahme ab. Über die Frankfurter Zentrale läßt die DSR ausrichten, Fischer sei mit dem Überkleben des Plakates einverstanden gewesen. „Stimmt nicht“, beteuert Fischer. „Ich bin vor vollendete Tatsachen gestellt worden. Die haben mich angerufen und gesagt, der Plakatierer sei schon unterwegs.“Auch bei dem Beschwerdeführer von Dellingshausen habe er nichts erreicht, so Fischer. „Der hat nur gesagt, daß er mit Schulte befreundet ist.“
Daß er auch bei der DSR auf seine Kontakte zum Bausenator hingewiesen hat, gibt von Dellingshausen zu. „Als CDU-Mitglied ist das doch nicht weiter verwunderlich“, sagt er. „Ich habe aber nicht mit dem Senator gedroht, und wenn Sie das schreiben, kriegen Sie von mir eine Gegendarstellung.“Gleichwohl räumt er ein, der DSR geraten zu haben, „eine Aktennotiz an den Senator für künftige Fälle“zu fertigen. Mit Schulte gesprochen habe er nicht. „Der Senator kann der DSR aufgrund einer Beschwerde gar nicht ins Handwerk fuschen“, betont Thomas Wedrich, Sprecher von Bausenator Schulte. Außerdem sei diese „Politik durch die Hintertür“nicht Schultes Art. Dellingshausen ficht das nicht an. Er freut sich über seinen Erfolg. „Das die das sofort abgestellt haben, nach meinem Anruf, das finde ich schon toll.“ kes
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen