: Trostpflaster verwehrt
■ Kein Geld für Beamten, den Berichte über Polizeiskandal depressiv machten
Für ihre Berichterstattung über den Hamburger Polizeiskandal sollte die taz hamburg zahlen. 15.000 Mark Schmerzensgeld wollte Christoph Stapmanns, ehemaliger Leiter der „E“-Schicht der Revierwache 16 und späterer Reviereinsatzführer an der Skandal-Wache Kirchenallee, dafür einklagen. Dieser Versuch ist jedoch vorerst fehlgeschlagen. Das Landgericht Hamburg wies die Klage ab.
Gegenstand des Verfahrens war der Artikel „Skandale und kein Ende“vom 29. September 1994. Darin hatte die taz über Bezichtigungen von Kollegen berichtet, Stapmanns habe rund um den Hansaplatz Jagden auf „Bimbos“initiiert. Zudem habe er eine private „Negerkartei“von vermeintlichen Dealern geführt. Zusätzlich verbittert hatte Stapmanns die Behauptung, er sei in das Revier am Hauptbahnhof „strafversetzt“worden. Das allerdings hatte Ex-Innensenator Werner Hackmann (SPD) gegenüber der taz bereits Weihnachten 1990 angekündigt. Grund: Stapmanns Einsatztruppe war im Verlauf einer Silvesterdemonstration 1989 an brutalen Angriffen auf den Sozialwissenschaftler Jörg Mehnert und den Hafenstraßen-Anwalt Jens Waßmann beteiligt gewesen. Hamburgs Polizei mußte dafür Entschädigungen zahlen.
Stapmanns forderte nun im Herbst dieses Jahres seinerseits Schmerzensgeld, weil er wegen der Berichterstattung und der Vorwürfe im „Parlamentarischen Untersuchungsausschuß Polizei (PUA)“Depressionen bekommen habe. Ohne Beweisaufnahme wies die Pressekammer des Landgerichts die Klage kurz vor Weihnachten ab. Im Zuge des Polizeiskandals sei eine „Verdachtsberichterstattung“zulässig gewesen. Es sei den Medien nicht zuzumuten, so die RichterInnen, über im Raum stehende Vorwürfe erst zu berichten, wenn sich diese durch einen Untersuchungsausschuß bestätigt hätten. Außerdem habe Stapmanns nie versucht, durch Gegendarstellung Artikel zu korrigieren.
Der richterlichen Anregung, die Klage doch besser zurückzuziehen, kam der Polizist nicht nach: Er will Beschwerde beim Oberlandesgericht einlegen. Ein ähnlicher Prozeß ist noch gegen das „Hamburger Journal“des NDR anhängig ...
Peter Müller
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