: „Kampfblatt mit aggressiver politischer Position“
■ Eine Broschüre klärt über die neonazistische „Berlin-Brandenburger Zeitung“ auf.
„Die Berlin-Brandenburger Zeitung ist ein Forum, das im Kern nationalsozialistische, völkische und rassistische Positionen vertritt.“ Zu diesem Schluß kommt eine Broschüre mit dem Titel „Von der Legalität neofaschistischer Propaganda“, die das „Antifaschistische Presse-Archiv und Bildungszentrum e.V.“ mit Sitz in der Kreuzberger Falckensteinstraße kürzlich vorgestellt hat. Die Textsammlung befaßt sich mit der Berlin-Brandenburger Zeitung (BBZ), einem der erfolgreichsten Neonaziprojekte. Das Landesamt für Verfassungsschutz bescheinigt dem als Herausgeber fungierenden Frank Schwerdt, daß ihm „unter den verschiedenen Vorhaben, eine eigene rechtsextremistische Publizistik aufzubauen (...) der erste Platz“ gebühre.
Die Auflage der seit fast fünf Jahren erscheinenden BBZ beträgt nach Eigenangaben mehrere zehntausend Exemplare. Damit ist das Blatt das auflagenstärkste der bundesdeutschen Neonaziszene. Hinter dem Projekt scheint auch ein durchdachtes Konzept zu stehen: Die rechten Schreiber wollen neben Gesinnungsgenossen auch breite Bevölkerungsschichten erreichen. Daher erscheint die BBZ im professionell aufgemachten Gewand, und die Autoren sind bemüht, ihre Propaganda unterschwellig unterzubringen.
Drei Beiträge in der Textsammlung über die BBZ beschäftigen sich daher vorrangig mit den Inhalten der Zeitung. Der Parteienforscher und wissenschaftliche Angestellte der Freien Universität, Richard Stöss, kommt zu dem Schluß, daß die Beiträge von einem „abgrundtiefen Haß auf Fremde und Asylbewerber“ gekennzeichnet sind, eine „antisemitische Grundstimmung“ verbreiten und „den Nationalsozialismus verherrlichen“.
Für den wissenschaftlichen Mitarbeiter an der Technischen Hochschule in Aachen, Michael Kohlstruck, der sich mit der völkischen Ideologie und dem Rassismus in der BBZ beschäftigt, ist die Zeitung ein „Kampfblatt“ mit einer „aggressiven politischen Position“. Rainer Erb, Soziologe an der Potsdamer Universität, hat einen Antisemitismus ausgemacht, der von der „Diffamierung prominenter Juden“ bis zur Verbreitung der „Wahrheit über Auschwitz“ reicht.
Ulli Jentsch vom „Antifaschistischen Presse-Archiv“, der sich mit der organisatorischen Entwicklung der BBZ befaßt, hält die „Außenwirkung, für die die Autoren versuchen, soziale Nöte und Stimmungen aufzugreifen und das Projekt in eine Massenzeitung münden zu lassen, für relativ begrenzt“. Für ihn liegt der Erfolg vielmehr in der organisatorischen Funktion für die Neonaziszene. Den Machern der BBZ sei es gelungen, „Potentiale zu bündeln“ und in einem „informellen Netzwerk zusammenzuführen“. Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Seit 1996 erscheinen fünf Tochterzeitungen der BBZ in anderen Bundesländern. Im Herbst ist außerdem eine professionell erstellte Internet-Domain der BBZ hinzugekommen.
Der Berliner Verfassungsschutz faßte bereits zu Jahresbeginn zusammen: „Im BBZ-Verbund arbeiten bundesweit organisationsübergreifend Rechtsextremisten zusammen.“ Welche Früchte dies trägt, zeigte sich kürzlich, als bei Hausdurchsuchungen bei Neonazis Material zum Bau von Rohrbomben gefunden wurde, mit dem ein Anschlag auf ein PDS-Mitglied verübt werden sollte. Die beiden Beschuldigten sollen Mitglieder der Kameradschaft Treptow sein. Deren Chef Detlef Nolde wurde nicht nur selbst kürzlich im Zusammenhang mit dem Tod von zwei Neonazis zu einer Haftstrafe verurteilt. Sein Name taucht auch im Impressum der BBZ auf.
Gegründet worden war die BBZ als Wahlkampfblatt des Vereins „Die Nationalen“, dessen Vorsitzender ebenfalls BBZ-Herausgeber Schwerdt war. Später erschien das Blatt dann formal unabhängig. Der Verein hat sich im November aufgelöst. Die Neonazis der „Nationalen“ wenden sich seitdem verstärkt der NPD zu, und auch die BBZ berichtet auffallend oft und positiv über Aktivitäten der rechtsextremen Partei. Mit ihren starken Strukturen hätten die ehemaligen „Nationalen“ gute Chancen, zumindest den Berlin- Brandenburgischen Landesverband der NPD zu übernehmen. Die Gründung eines eigenständigen Landesverbandes Brandenburg haben sie bereits angekündigt. Dieter Neudorf
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