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Alexanderplatz wird Friedrichstraße

■ Die Hochhäuser am Alex lassen auf sich warten. Deshalb will die Bauverwaltung zunächst die Blöcke am Fuß der Türme realisieren.

Am Alexanderplatz sollen erst einmal bauliche Buletten gebacken und keine Spargel gezüchtet werden. Weil die Investoren angesichts des immensen Büroleerstands in der Stadt sich scheuen, die geplanten Hochhäuser zu realisieren, möchte die Senatsbauverwaltung die Bauherren zu einer schrittweisen und damit schnelleren Projektierung antreiben. So sollen statt der 150 Meter hohen Türme zunächst nur die flacheren Blöcke am Fuß der Hochhäuser gebaut werden. Auf die Wolkenkratzer dürfen die Investoren, bis wieder bessere Zeiten kommen, verzichten. Die Türme könnten später wie Stiftzähne in die Mitte der 30 Meter hohen Blöcke gesteckt und hochgezogen werden, die denen in der Friedrichstraße ähneln werden.

Nach Ansicht von Senatsbaudirektorin Barbara Jakubeit muß der festgefahrenen Entwicklung am Alexanderplatz wieder Schub verliehen werden. Es sei verständlich, sagte Jakubeit, daß die Investoren infolge des derzeitigen Überangebots an Büroflächen sich nicht danach drängten zu bauen. „Außerdem können wir sie nicht zwingen, die Hochhäuser zu realisieren.“ Deshalb werde die Bauverwaltung „Teilbaugenehmigungen“ für den Alexanderplatz erteilen. Diese ermöglichten den Investoren – darunter Roland Ernst, der Berliner Verlag, Hertie und Interhotel – in kleinen Bauabschnitten vorzugehen. So könnten die niedrigeren Gebäude für Gastronomie, Kultur und Gewerbe errichtet werden. Jakubeit: „Sichergestellt werden muß allerdings, daß bei den Blöcken die Statik für die späteren Türme berücksichtigt wird.“

Hintergrund der Überlegungen ist, daß den Investoren das Risiko einer Bebauung zu groß ist. Roland Ernst denkt etwa daran, sein Projekt – wenn überhaupt – erst in zwanzig Jahren zu bauen. Außerdem führt die Senatsbaudirektorin die Erfahrungen beim „Kibek- Dreieck“ am Bahnhof Zoologischer Garten an. Dort existiere eine Baugenehmigung für das Hochhaus „Zoo-Fenster“, das der Investor nicht bauen wolle. Das Grundstück liege deshalb brach.

Derzeit arbeitet die Bauverwaltung am Bebauungsplan (B-Plan) für den Alexanderplatz. Nach der Auswertung der Bügerbeteiligung, sagte gestern Kerstin Irene Appelshäuser, Sprecherin im Hause von Bausenator Jürgen Klemann (CDU), „soll im Frühjahr 1998 der B-Plan dem Bauausschuß vorgelegt werden“. Die Festsetzung des B-Plans sei Ende 1998 vorgesehen. Mit den Investoren befinde man sich „im Gespräch“, etwa über die Finanzierung der Infrastrukturmaßnahmen, so Appelshäuser. Eine Stellungnahme des Investorensprechers bezüglich der Teilbaugenehmigung war gestern nicht zu erhalten. Rolf Lautenschläger

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