: Investor muß Pläne für Einkaufszentrum abspecken
■ Lobbyarbeit des Einzelhandelsverbandes hat Erfolg: Bezirk Kreuzberg und Senat lehnen Projekt in geplanter Größe ab. „Ruinöser Wettbewerb“ gegen bestehende Geschäfte befürchtet
Der Verband des Einzelhandels kann einen Erfolg verbuchen: Der Investor Botag darf sein Einkaufszentrum an der Schlesischen Straße in Kreuzberg nicht in der ursprünglich geplanten Größe errichten. Das geht aus einem Schreiben der Senatsbauverwaltung an das Bezirksamt Kreuzberg hervor. „Das Vorhaben der Botag ist nicht genehmigungsfähig“, lautet die gemeinsame Linie der Senatoren für Bauen, Stadtentwicklung und Wirtschaft sowie des Kreuzberger Bürgermeisters. Seit geraumer Zeit macht die Lobbyorganisation des Einzelhandels mobil, denn sie sieht die bestehenden Geschäfte zunehmend durch die Konkurrenz großer Einkaufspassagen bedroht.
Ursprünglich wollte der Investor an der Ecke zur Cuvrystraße einen riesigen Einkaufskomplex errichten. Seinen Kern sollten ein Baumarkt und ein Supermarkt mit jeweils 7.500 Quadratmeter Fläche bilden. Als offizielle Begründung nannte die Firma für Immobilienentwicklung, daß die Kreuzberger Bevölkerung sonst in die neuen Einkaufszentren nach Treptow und Friedrichshain fahre, wodurch die Kaufkraft dem armen Bezirk verlorenginge.
Die vier Verwaltungen lehnen die geplante Dimension der Anlage nun ab und machen der Botag gleichzeitig einen Kompromißvorschlag, auf dessen Basis sie ein neues Konzept einreichen kann. Der Baumarkt dürfe eine Größe von 7.000 Quadratmetern Verkaufsfläche nicht überschreiten, für den Supermarkt müssen nun 3.000 Quadratmeter ausreichen.
Größere Flächen würden zu einem „ruinösen Wettbewerb“ im Kreuzberger Einzelhandel führen, heißt es in dem Schreiben. Nachdem „in der letzten Dekade bereits mehrere tausend Quadratmeter Verkaufsfläche in SO 36 schließen mußten“, würde die neue, übermächtige Konkurrenz weitere einheimische Geschäfte aus dem Feld schlagen. Das Botag-Projekt stelle selbst eine Gefahr für bestehende Zentren wie das Kottbusser Tor und den Hermannplatz mit dem Karstadt-Kaufhaus dar.
Außerdem verlangen die vier Verwaltungen, daß auf dem Gelände zwischen Schlesischer Straße und Spree mehr Gewerbebetriebe angesiedelt werden müssen, als die Botag bisher eingeplant hat.
In den vergangenen Monaten hatte der Einzelhandelsverband mehrmals Alarm geschlagen. Vielen kleinen und mittleren Geschäften drohe der Exitus. Bis 2010 müsse fast jeder dritte Händler seine Türen endgültig schließen, prognostizierte die Interessenvertretung.
Schuld daran sei nicht nur die infolge der Arbeitslosigkeit geringe Nachfrage der Bevölkerung, sondern die wachsende Konkurrenz riesiger Konsumtempel. Im Brandenburger Umland werben mittlerweile 13 Einkaufscenter KundInnen ab, im Stadtgebiet selbst locken rund zehn Passagen mit Billigangeboten, guten Parkmöglichkeiten und Rundumversorgung. Weitere sechs Center werden demnächst eröffnet.
Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) will deshalb den Bezirken die Entscheidungskompetenz streitig machen und über alle neuen Vorhaben mit mehr 1.200 Quadratmeter Verkaufsfläche selbst entscheiden. Hannes Koch
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen