: Bodenkauf ohne Bedarf und Bedingungen
■ AKW Brunsbüttel: HEW kaufen Nachbargrundstück, ohne zu wissen, warum
Der rot-grünen Kieler Landesregierung ist es nicht gelungen, den Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) ein erstes Zugeständnis für das baldige Abschalten des AKW Brunsbüttel abzuringen. Die Regierung veräußerte an die HEW ein Nachbargrundstück des Brunsbütteler Atommeilers (taz berichtete gestern) – jedoch „ohne Auflagen“, wie das Wirtschaftsministerium gestern einräumte.
Der Stromkonzern und die schleswig-holsteinische Landesregierung verhandeln schon seit Jahren über das Gelände. Umstritten war bislang nicht der Preis, sondern eine Bedingung der Kieler Politiker: Die HEW sollten das Grundstück nur bekommen, wenn sie dort möglichst schnell ein konventionelles Kraftwerk – mit Kohle oder Gas befeuert – bauen und anschließend das benachbarte AKW stillegen. Darauf aber ließen sich die HEW nicht ein.
„Wir haben das Gelände im Rahmen der langfristigen Standortvorsorge gekauft“, betont HEW-Sprecher Johannes Altmeppen. Das Areal sei zwar als Standort für ein Kraftwerk vorgesehen. „Aber auf absehbare Zeit brauchen wir keinen Ersatz für eine bestehende Anlage.“Und wie lange „absehbar“nach Auffassung des Konzerns bedeutet, hatte HEW-Chef Manfred Timm erst vor wenigen Tagen betont: mindestens bis zum Jahr 2012.
Das Kieler Energieministerium und die Hamburger Umweltbehörde dagegen hatten das Gelände in den vergangenen Monaten immer wieder als möglichen Standort für ein Gaskraftwerk gepriesen, das ab dem Jahr 2003 als Ersatz für das AKW Brunsbüttel ans Netz gehen könnte.
Befürchtungen des Atomkraftgegners Karsten Hinrichsen vom „Aktionskreis Stillegen – Brunsbüttel“, auf dem neuen Gelände werde ein Zwischenlager für Atommüll eingerichtet, wies Altmeppen als „völligen Quatsch“zurück. „Wenn Herr Hinrichsen die Saure-Gurken-Zeit unbedingt für eine Schlagzeile nutzen möchte, dann soll er sich wenigstens etwas halbwegs Realistisches ausdenken.“Für schwach radioaktive Abfälle gebe es ausreichende Kapazitäten. Und ein Zwischenlager für stärker belastetes Material aus dem Reaktor, etwa für abgebrannte Brennstäbe, sei ausgeschlossen, alleine schon aus zeitlichen Gründen. „Es ist naiv zu glauben, daß das Genehmigungsverfahren dafür noch während der Laufzeit des AKWs abgeschlossen werden könnte“, so Altmeppen.
Der HEW-Sprecher wies auch Spekulationen zurück, das neue Grundstück solle für eine Übergabestation zwischen dem HEW-Stromnetz und dem umstrittenen Stromkabel nach Norwegen (Nordseekabel) dienen. Der Konzern habe das Gelände ausschließlich als möglichen Kraftwerksstandort gekauft. „Aber ob wir ein neues Kraftwerk brauchen, und ob wir es an dieser Stelle brauchen, diese Frage stellt sich derzeit nicht.“
Achim Fischer
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