: Das zensierte Netz
■ Per Gesetz beschränkt Chinas Regierung ab sofort die Meinungsfreiheit im Internet
Berlin (taz) – Wer im Internet auf chinesische Behörden schimpft, muß künftig bis zu 3.200 Mark Strafe zahlen. So will es ein neues Gesetz, mit dem die chinesische Regierung seit gestern die Meinungsfreiheit im Internet einschränkt. Verboten sind elektronische „Diffamierung von Regierungsbehörden“ und „Aktivitäten zur Spaltung der Nation“ sowie Pornographie. Bei Verstößen droht außer Geldstrafen auch Netzentzug.
Das Gesetz richtet sich vornehmlich gegen Aktivitäten von Unabhängigkeitsbewegungen sowie die Verbreitung von Informationen aus Hongkong, Macau und Taiwan, das von Peking als abtrünnige Provinz betrachtet wird. In Hongkong soll die Regelung nicht gelten. „Wir werden unser Internet selbst regulieren...“, sagte Anthony Wong, Generaldirektor der Telekommunikationsbehörde. In der ehemaligen britischen Kolonie haben NetzbenutzerInnen das gleiche Recht auf Meinungsäußerung wie die Medien.
Die chinesische Regierung fördert einerseits die neuen Kommunikationtechniken, befürchtet aber andererseits eine Erosion ihrer Macht: Zwar habe das Internet zum „wissenschaftlichen Austausch“ im Land beigetragen. Es habe aber „auch Sicherheitsprobleme wie die Veröffentlichung schädlicher Informationen mit sich gebracht“, sagte der stellvertretende Minister für öffentliche Sicherheit, Zhu Entao, am Montag.
Schließlich können chinesische NetzbenutzerInnen Web-Seiten wie die des tibetanischen Exiloberhaupts Dalai Lama empfangen; prodemokratische Organisationen verschicken von anderen Ländern aus Rundbriefe an Gleichgesinnte, und die Universitäten sind ohnehin vernetzt.
Seit 1995 müssen sich alle Internet-BenutzerInnen bei der Polizei registrieren lassen. Eine Kontrolle ist bei rund 620.000 netzsurfenden Chinesen jedoch schwer durchsetzbar. Denn Internet-Cafés gibt es inzwischen in fast allen größeren Städten. Deshalb zieht die Regierung nun die 49.000 Provider zur Verantwortung, die in China Internet-Angebote bereitstellen. Sie sollen künftig stärker darauf achten, was ihre Klienten verbreiten. Tun sie das nicht, drohen ihnen ebenso Strafen wie den Regierungslästerern. Judith Weber
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