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Wie klone ich meinen Mann? Fragen Sie Doktor Seed!

■ Der US-Mediziner Richard Seed plant eine Klinik zum Klonen von Menschen. Das Erbgut des Mannes soll in die Eizelle der Frau eingesetzt und der Mann so genetisch identisch reproduziert werden. Der Wissenschaftler will einem Verbot zuvorkommen

Berlin (taz) – Ein US-Forscher will jetzt erstmals Menschen klonen. Der Reproduktionsmediziner Richard Seed aus Chicago kündigte an, daß der Versuch in den nächsten drei Monaten durchgeführt werden soll, damit die US-Behörden ihm nicht zuvorkommen und ein Klonverbot für Menschen erlassen. Notfalls werde er dann nach Mexiko ausweichen. Der Arzt will bereits vier Paare gefunden haben, die aufgrund von Fruchtbarkeitsstörungen kinderlos geblieben sind und sich für die Versuche zur Verfügung stellen. Für das Klonen wird die Erbsubstanz der Eizelle durch die männlichen Chromosomen ersetzt. Dadurch entsteht ein dem Mann genetisch identisches Kind. Das Verfahren ist bisher nur von Wissenschaftlern am schottischen Roslin-Institut beim Klonen des Schafes Dolly 1996 angewandt worden.

Obwohl sich US-Präsident Bill Clinton wiederholt gegen das Herstellen von genetisch identischen Menschen ausgesprochen hatte und auch ein von ihm einberufenes Ethikkomitee für ein Verbot votierte, ist das Menschenklonen in den USA immer noch erlaubt. Untersagt ist lediglich, daß entsprechende Vorhaben mit öffentliche Geldern finanziert werden. Ein gesetzliches Klonverbot, das auch für private Einrichtungen gilt, hat in den USA bisher nur der Bundesstaat Kalifornien verabschiedet. Auch die von der Unesco geplante internationale Deklaration zum menschlichen Genom, an deren Beratung die USA beteiligt sind, sieht ein Klonverbot vor.

Seed, der von Kollegen als sehr exzentrisch beschrieben wird, begründet sein Vorhaben mit religiösen Motiven: Es sei „moralisch erforderlich“, Menschen zu klonen. Damit hätte der Mensch „fast soviel Macht wie Gott“, phantasierte der Mediziner. Der Mensch solle mit Gott eins werden. Der erste große Schritt dahin sei die Herstellung genetisch identischer Menschen.

Nach Meinung seiner US-Kollegen kann Seeds Ankündigung nicht einfach als Spinnerei bezeichnet werden. In den 70er Jahren war der Forscher schon an bahnbrechenden Versuchen in der Reproduktionsmedizin beteiligt. „Er ist ein brillanter Mann“, meint Harrith Hasson, Leiter der Gynäkologie am Hospital der Chicagoer Universität, „und wenn jemand es schaffen könnte, einen Menschen zu klonen, dann jemand wie Seed.“

In einem Interview erklärte Seed: „Es ist mein Ziel, eine Klonklinik für Menschen in der Gegend von Chicago zu gründen.“ Sollte die Klinik sich als profitabel erweisen, will der Mediziner über das ganze Land verteilt weitere zehn bis zwanzig gleichartige Einrichtungen aufbauen. „Vielleicht sogar fünf oder sechs im Ausland“, erläuterte der Mediziner seine Pläne.

Für andere Wissenschaftler ist jedoch schon zweifelhaft, ob das Experiment mit dem Schaf Dolly wiederholbar ist. So hält Professor Dietmar Mieth vom Zentrum für Ethik in den Wissenschaften an der Universität Tübingen und Mitglied der Ethikberatergruppe der EU-Kommission die Ankündigung des US-Mediziners für eine „reine Sensationsmeldung“. Es müße auch berücksichtigt werden, daß die schottischen Forscher immerhin 272 Föten verbraucht hätten, nur um ein einziges Schaf zu klonen. „Da kann man nicht von einer eingeführten Methode sprechen.“

Wolfgang Löhr Kommentar Seite 12

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