Biermann singt vor der CSU in Kreuth

CSU geht in Klausur mit Verteidigungsminister und Liedermacher  ■ Aus Wildbad Kreuth Bettina Gaus

Nachrichtenwert haben bei der CSU-Klausurtagung in Wildbad Kreuth bisher vor allem diejenigen, die gar nicht zur Partei gehören, sondern als Gäste gebeten werden: Liedermacher Wolf Biermann und Verteidigungsminister Volker Rühe (CDU). Sonst liegt eine Atmosphäre etwas angestrengt wirkender Harmonie über dem oberbayerischen Tagungsort. „Der Wille ist hier sehr, sehr groß, daß wir die alte Stärke der CSU, den Zusammenhalt, zum Ausdruck bringen,“ sagte Gesundheitsminister Horst Seehofer der taz. Er rechne nicht mit größeren Kontroversen. „Jetzt ist Wahljahr.“

Die CSU steht nicht nur zusammen, sie steht auch „voll hinter der Bundeswehr“, wie Landesgruppenchef Michael Glos erklärte. Das habe die Partei mit ihrer Einladung an Rühe zeigen wollen. Der genoß es sichtlich, nach immer neuen Nachrichten über rechtsextremistische Vorfälle bei der Bundeswehr in Wildbad Kreuth von einer Woge der Solidarität getragen zu werden. „Ich könnte mich gar nicht wohler fühlen“, sprach er in die Kameras hinein.

Der Verteidigungsminister versucht jetzt offenbar, seine Kritiker entweder auf seine Linie zu bringen oder in die Ecke derer zu stellen, die schon immer „gegen die Bundeswehr“ gewesen seien. Er plant in diesem Jahr „ganz bewußt sehr viele öffentliche Gelöbnisse“ in ganz Deutschland; am 13. August – dem Tag des Mauerbaus – „voraussichtlich“ vor dem Roten Rathaus in Berlin. Dann werde man ja sehen, wie sich SPD und Grüne zur Bundeswehr stellten.

Während Rühe und die CSU Einigkeit demonstrierten, bemühte sich der Liedermacher Wolf Biermann dem Eindruck entgegenzuwirken, er habe bei den Christsozialen eine neue politische Heimat gefunden. Es sei einfach interessant, mit Leuten zu reden, die eine andere Meinung hätten, erklärte er nach dem dreistündigen „Kamingespräch“ mit der Landesgruppe. Dann fügte er hinzu: „Ich brauche die CSU genausowenig, wie sie mich braucht.“

Zwei Lieder sang der Barde seinen Gastgebern vor, darunter den Titel: „Nur wer sich ändert, bleibt sich treu.“ Mit kritischen Tönen hielt er sich dagegen offenbar zurück. Zwar soll er, wie Teilnehmer erzählten, ein gewisses Mißfallen an der Ausländerpolitik der CSU zum Ausdruck gebracht, gleichzeitig aber versöhnlich bemerkt haben: „Ich möchte nicht in Ihrer Haut stecken.“ Er könne das Problem nur beschreiben, nicht lösen. „Mir macht meine Humanität Probleme“, wurde Biermann zitiert.

Die Ausländerpolitik ist ein Schwerpunkt auf der Klausurtagung der CSU. Die Teilnehmenden erörtern ein Papier, in dem schärfere Maßnahmen gegen den illegalen Zuzug von Ausländern, eine verstärkte Anwendung verdeckter Ermittlungsmethoden und die zwingende Ausweisung von straffälligen Ausländern gefordert werden, auch wenn diese zu weniger als drei Jahren Freiheitsstrafe verurteilt wurden. Außerdem soll rechtlich geprüft werden, welche Handlungsräume die Verfassung dem Gesetzgeber bei den Regelungen für Familienzusammenführung einräumt. Innenpolitiker Wolfgang Zeitlmann sagt der taz, es müsse über „alles“ nachgedacht werden, „auch über eine neuerliche Veränderung des Asylrechts“.

Nicht bei allen Themen herrschte allerdings Einvernahme innerhalb der CSU. Unterschiedliche Interessen liegen derzeit miteinander im Widerstreit: Ministerpräsident Edmund Stoiber könnte hoffen, mit einer kritischen Haltung zum Euro und der Forderung nach einer Regionalisierung der Sozialversicherungssysteme für die Landtagswahlen in Bayern Pluspunkte zu sammeln – aber beides wäre für die Union im Bundestagswahlkampf wenig hilfreich.

In Wildbad Kreuth wird jetzt um den kleinsten gemeinsamen Nenner gerungen. Im Zusammenhang mit dem Euro wurde deutlich, wie der aussehen könnte, schon bevor Stoiber eintraf. Betont werden die „strikte Anwendung und enge Auslegung“ der Stabilitätskriterien, die Bedeutung der Stellungnahme der Deutschen Bundesbank und der Vorrang der Kriterien vor dem Zeitplan. Damit können dann wohl alle Seiten leben.