Russen-Geschäfte beschäftigen Daimler

■ Mercedes-Benz und seine ehemaligen Rußland-Grauhändler haben diverse Klagen um Millionenbeträge gegeneinander angestrengt

Berlin/Stuttgart (taz/dpa) – Daimler Benz hat immer noch Schwierigkeiten mit Autoverkäufen, die das Unternehmen vor einigen Jahren abschloß, um die schleppenden Verkäufe der damals neuen S-Klasse anzukurbeln. Die Stuttgarter Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Mitarbeiter der Stuttgarter Daimler-Benz AG im Zusammenhang mit einem vor gut vier Jahren geplatzten Milliarden- Graumarkt-Geschäft in Rußland. Bei dem seit zwei Jahren laufenden Ermittlungsverfahren gehe es um Betrug und Untreue zum Nachteil von Daimler-Benz, sagte eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft am Montag in Stuttgart. Ermittelt werde auch gegen einen „Außenstehenden“.

Die Behörde reagierte damit auf einen Bericht des Süddeutschen Rundfunks (SDR), wonach die damalige Autotochter Mercedes-Benz AG für ein geplantes Rußlandgeschäft im Umfange von 1,4 Milliarden Mark ein „Schmiergeld“ von 20 Millionen Dollar (33 Millionen Mark) in den Wind schreiben mußte. Dem Sender zufolge sollte eine Autolieferung von 11.000 Pkw nach Rußland mit Schwarzgeld bezahlt werden, das „Sowjetgrößen“, darunter Offiziere des Geheimdienstes KGB, in den 80er Jahren in die Schweiz geschafft haben sollen.

Laut der Süddeutschen Zeitung von letzter Woche heißt der Empfänger der 20 Millionen Dollar Herbert Leiduck. Leiduck hatte zwar den Absatz der Autos garantiert, konnte diese aber dann wohl doch nicht verkaufen. Nun fordert er und angeblich auch seine Geschäftspartner ihrerseits von Daimler-Benz die Provision, die sie bei der Abwicklung des Geschäfts erhalten hätten – laut SDR 217,5 Millionen Mark.

Ein Daimler-Sprecher sagte auf Anfrage, der Konzern kommentiere den Vorgang nicht. Er warte eine gerichtliche Klärung ab.

Frühere Graumarktgeschäfte und Schiebereien mit Mercedes- Autos in Osteuropa sorgen immer wieder für Wirbel. Erst im vergangenen Oktober war der frühere Mercedes-Manager Hans Dieter Fink, der von 1991 bis Mai 1994 für den Pkw-Vertrieb in die GUS- Staaten verantwortlich war, wegen Untreue und Erpressung zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden.

Anläßlich des Verfahrens von Fink sollten eigentlich diverse Zeugen vernommen werden und so etwas Licht in das Grau bringen. Doch der Angeklagte war am ersten Prozeßtag voll geständig, und Mercedes blieb die Ausbreitung der Details erspart. Aufzudecken gäbe es noch einiges: Als 1991 die neue S-Klasse herauskam, geriet sie derart protzig, daß sie sich selbst unter der üblichen Klientel zögerlicher verkaufte als gedacht. Die Halden wuchsen. Findige Händler kamen mit Billigung der zuständigen Mercedes-Manager auf die Idee, Tausende der Autos mit großen Rabatten nach Rußland zu liefern.

Doch viele der Wagen sollten anscheinend von Anfang an „grau“ nach Asien befördert werden. Dort kosten allgemein Edelkarossen aus Deutschland wesentlich mehr als hier oder gar in Rußland. Es lockten also hohe Gewinnmargen für die Händler. Kleines Problem für Mercedes: In Asien gibt es Vertragshändler mit einem vom Werk garantierten Bestandsschutz. Diese durften von den Deals nichts wissen. rem