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Babysitten fürs Gemeinschaftsbewußtsein

■ In der Gröpelinger Nachbarschaftsbörse werden StützebezieherInnen gebraucht

Die Fensterscheiben des Gröpelinger Gemeinschaftshauses an der Stuhmer Straße sind frisch notverglast. „Wir hatten Besuch“, sagt Dieter Sevecke, Leiter der Einrichtung. Er hoffe jedoch, daß das demnächst nicht mehr so häufig vorkomme. Denn seit Montag gibt es hier eine Nachbarschaftsbörse, in der SozialhilfebezieherInnen – freiwillig – darauf warten, ihren NachbarInnen unter die Arme zu greifen. Lohn: Bis zu zehn Mark pro Tag zusätzlich zur Sozialhilfe.

Für Dieter Sevecke stellt das Projekt ein Fanal gegen die latente Aggression und Hoffnungslosigkeit im Stadtteil dar. Und auch gegen zerbrochene Scheiben. „Jeder sechste Bürger in Gröpelingen bezieht Sozialhilfe“, alarmierte Christine Wischer (SPD) anläßlich der Eröffnung. Die Sozialsenatorin setzt sonst mehr auf den Druck von oben – nach ihrem jüngsten Programm können ErstbeantragerInnen zwischen 18 und 27 Jahren eine solche Arbeit nicht ablehnen, ohne die Sozialhilfe gekürzt zu bekommen. Trotzdem hofft sie darauf, daß Projekte wie die Nachbarschaftsbörse den Menschen das Gefühl geben, daß sie gebraucht werden. Das sei eine „neue Qualität des Gemeinschaftsbewußtseins“, so Wischer.

SozialhilfeempfängerInnen, die Babys sitten, Einkaufen gehen oder den Gartenzaun streichen – sollen hier schon bald zum gelebten Alltag gehören. Ab dem Frühjahr soll es einen Streichelzoo geben. Auch ein Projekt zur Wohnumfeldverbesserung wird bereits angeschoben. Trotzdem gibt es nicht genug zu tun für alle. Deshalb sucht die „Börse“( Stefan Hesbos

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