piwik no script img

Pillen sind keine Pommes

■ Drive-In-Apotheke vom Bundesverwaltungsgericht endgültig untersagt. Denn die nötige Beratung sei am Autoschalter nicht gegeben

Hamburg (taz) – Was bei Videos und Pommes längst gang und gäbe ist, gilt noch lange nicht für Pillen. Das Bundesverwaltungsgericht (BVG) in Berlin entschied gestern in dritter und letzter Instanz: Arzneimittel dürfen nicht in einem Drive-In verkauft werden. Der Hamburger Apotheker Uwe Hoffmann hatte gegen den Bescheid der hanseatischen Gesundheitsbehörde geklagt, die ihm den Betrieb seines Autoschalters schon vor Jahren untersagt hatte.

Der BVG-Senat beruft sich in seinem Grundsatzurteil auf die Apothekenbetriebsordnung, in der festgelegt ist, daß die Medikamente innerhalb der Apothekenbetriebsräume verkauft werden dürfen – und zwar nur nach einem entsprechenden Beratungsgespräch. Mit dem üblichen Nachtdienstschalter sei Hoffmanns Einfall nicht vergleichbar, entschieden die Richter.

Hoffmann hatte seine Autoschalter-Idee 1992 publik gemacht. Auf einen entsprechenden Zeitungsartikel hin strengte die Hamburger Apothekerkammer vor dem Berufsgericht ein Verfahren wegen Verstoßes gegen das Werbeverbot an. Der Apotheker obsiegte, sah sich aber mit einem ablehnenden Bescheid der Gesundheitsbehörde konfrontiert. Apothekenpflichtige Medikamente dürften wegen „der Volksgesundheit“ nur innerhalb der Apothekenräume verkauft werden. Hoffmann hatte dafür kein Verständnis: „Auch am Autoschalter läßt sich sehr gut ein intimes Gespräch unter vier Augen führen.“ Und für Mütter mit Kindern oder Gehbehinderte sei der Schalter eine große Erleichterung. Immerhin rang sich das zuständige Amt für Apothekenaufsicht dazu durch, Hoffmann an seinem Schalter in der Mühlen-Apotheke den Verkauf von „nicht apothekenpflichtigen Produkten“ wie Zahnseide oder Pfefferminzpastillen sowie den nächtlichen Notdienst zu gestatten. Gegen diese Entscheidung war Hoffmann vor das Oberverwaltungsgericht gezogen und unterlegen. Lisa Schönemann

Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen

Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen