■ Querspalte: Blöde und gute Worte
Als diskurserfahrener, kultural gebildeter Mensch macht man sich oft so seine Gedanken über den Stand der Dinge und den Gang der Jahre. Oder auch über Indien. Vor ein paar Tagen also feierte man in Kalkutta den „Tag des Lachens“. Die Mitglieder mehrerer hundert „Lachclubs“ hatten sich in einem Stadion versammelt, um gemeinsam lachend ihren Ehrentag zu begehen, berichteten kichernd die Nachrichtenagenturen. Lachclubpräsidenten betonten, daß Lachen gut sei für die Gesundheit.
Das ist sicher richtig. Richtig ist auch, daß Melancholiker besonders zu Albernheiten neigen, wobei den Albernheiten, die sie bevorzugen, oft auch etwas leicht Melancholisches eignet. Einen ganzen Abend jedenfalls amüsierten wir uns neulich über die Bemerkung von Freund H., es sei gerade „26000 Uhr“. Tagelang sprachen wir dann über blöde und gute Worte. „Die Seele baumeln lassen“ wählten wir zum dümmsten Ausdruck der letzten Jahre. Bei „Die Seele baumeln lassen“ denkt man an gutgelaunte Gynäkologie.
Sehr speziell gibt sich auch der Humor im Osten. In Görlitz hängt z.B. ein Plakat, auf dem für ein „Championship“ im „Bouncy-Boxing“ geworben wurde. Beim „Bouncy-Boxing“ wird mit medizinballgroßen Handschuhen geboxt. Frauen „Oben OHNE“ machen auch mit. „Der Knock-Out für die Lachmuskeln“ steht darunter. Wieso? Was hat man dem Ostler getan, daß er „Frauen mit nacktem Oberkörper“ so komisch findet? Und warum finden dort „Frühschoppen mit Stripshow“ um 10 Uhr morgens statt? Fragen über Fragen.
Mein Lieblingswort heißt übrigens „schnafte“. „Schnafte“ – ein keckes, unverbrauchtes Wort betritt die Szene. „Schnafte“ treibt sich gerne im semantischen Bedeutungsträgerfeld von „urst schau“ herum, gibt sich allerdings ein bißchen seriöser. Mit „schnafte“ lassen sich schöne Sätze bilden. Zum Beispiel könnte man am Schluß eines durcheinandrigen Textes schreiben: „Er lehnte sich zurück und sagte anerkennend „schnafte!“ Detlef Kuhlbrodt
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