: Der Streik ist tot! Es lebe die Arbeit!
■ Mit einer „PowerWoche“ setzen die StudentInnen des Fachbereichs Design an der Uni Münster ihren Protest fort. Die neue Demonstrationsform heißt: Studieren bis zum Umfallen
So voll war der Computerraum noch nie. Um ein Uhr nachts war es in den Foto-, Holz- und Druckwerkstätten des Fachbereichs Design der Fachhochschule Münster eng wie in einer Sardinenbüchse. Eine Woche lang öffneten die Studis 24 Stunden lang ihre Hochschule: „In der PowerWoche holen wir Tag und Nacht die Projekte nach, die während des Streiks gelitten haben“, seufzt Jasmin Knickrehm.
Für die Designstudentin und ihre 500 KommilitonInnen ist der Streik damit jedoch nicht zu Ende. Die drastische Aufholjagd soll das ausgefallene Seminar er- und gleichzeitig den Protest fortsetzen. In diesem Fall gegen die lächerlichen Öffnungszeiten am Fachbereich. Die Werkstätten schließen normal um vier Uhr nachmittags. Jetzt sind sie rund um die Uhr geöffnet. Und die Inhalte kommen auch nicht zu kurz.
Zur Praxis wollen die FHlerInnen aus Münster mehr theoretische Einordnung dessen, was sie tun. Dafür streiken sie jetzt, indem sie schuften wie die Verrückten. „Die vollen Werkstätten verbreiten wieder eine gemeinschaftliche Arbeitsatmosphäre am Institut“, freut sich Jasmin. Für sie beweist die massive Teilnahme am Tag- und-Nacht-Studium, daß flexiblere Öffnungszeiten gebraucht werden.
Die endlosen Diskussionen zu Bildungs- und Hochschulpolitik raubten auch dem Dekan den Schlaf. Dmitrij Werschbizkij hielt die ganze Woche Stallwache, „weil es wichtig ist, daß die StudentInnen Widerstand gegen die herrschende Politik leisten“. Der Professor gab am Ende der Woche müde zu Protokoll, was er gebetsmühlenartig seit Monaten wiederholt: Die finanzielle Lage am Fachbereich ist katastrophal, die Qualität der Lehre kaum noch zu gewährleisten.
Die Münsteraner Nimmermüden sind ausgepowert – wie die Protestbewegung im ganzen Land. Sinnlos soll die PowerWoche nicht gewesen sein. Klein beigeben wollen sie schon gar nicht. Und weil die Studierenden es allein nicht schaffen, hat sich der Asta der Universität Münster entschlossen, nach draußen zu gehen. Zusammen mit den Gewerkschaften wollen die Aktivisten jetzt demonstrieren. Jeden Mittwoch – wie im ganzen Land. Anja Stenzel, Münster
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