piwik no script img

Das Herz des Hafens

„Von Menschen und großen Pötten“: Fotografien von Jörg Otto Meier im Altonaer Museum  ■ Von Miguel Hoeltje

Im zweiten Stock des Altonaer Museums sind in geraden Reihen und regelmäßigen Abständen Holzpaletten gestapelt. Wie Kranarme ragen Neonröhren aus ihnen hervor und beleuchten großformatige Fotos, Portrait- und Schiffsaufnahmen aus dem Hamburger Hafen. „Von Menschen und großen Pötten“heißt die Ausstellung, in der ab heute Fotografien und Texte aus dem gleichnamigen Buch von Jörg Otto Meier zu sehen sind.

Mit Kamera und Tonband hielt der in Cuxhaven geborene Fotograf im Laufe von drei Jahren fest, wen er bei seinen Hafenspaziergängen traf. Aale-Dieter vom Fischmarkt zum Beispiel oder den 80jährigen Käppen Lührs, der in seinem Privatmuseum Beinknochen von Störtebeker und Krokodilstränen aus Madagaskar aufbewahrt. Und alle haben ihre Geschichten zu erzählen, bei denen der Autor sich angenehm im Hintergrund hält.

Meier dokumentiert und beobachtet – Menschen eben, aber auch große Pötte. Stahlkolosse, beladen mit Bergen von aufgetürmten Containern, die von kleinen Schleppern in den Hafen gelotst werden, prächtige weiße Luxusliner wie die „Royal Princess“und die „Oriana“aus London oder den im Trockendock liegende Massengutfrachter „Shun-Kim“. Natürlich fehlen auch die Hamburger Postkartenmotive „Rickmer Rickmers“und „Cap San Diego“ebensowenig wie die Köhlbrandbrücke.

Eine interessante Mischung entsteht, wenn Joachim Groß, Müllwerker auf St. Pauli und „ehemaliger Stockholm-Meister im Boxen“, nur ein paar Meter entfernt vom gediegenen hanseatischen Reederei-Chef seine Schaufel präsentiert. „Mir ging es darum, jeden von ihnen sympathisch darzustellen, so abzubilden, daß er sich selbst noch mag“, lautet Meiers Devise. Das gilt für den Elbfischer Heinz Oestmann, erbitterter Kämpfer für Altenwerder, und da wird auch keine Ausnahme bei Helmuth Kern, dem ehemaligen HHLA-Vorstandsvorsitzenden, Wirtschaftssenator a.D. und Wegbereiter der Hafenerweiterung, gemacht.

Als er gefragt wird, ob die von ihm porträtierten Menschen als Originale nicht zu „einer aussterbenden Art“gehören, denkt Meier zunächst einmal nach. Dann folgt ein erstaunlicher Satz: „Ja, das kann gut sein. Vor allem werden diese Menschen verschwinden, wenn die Hafenerweiterung und die Elbvertiefung nicht endlich realisiert werden. Wenn erstmal die großen Firmen wegbleiben, dann stirbt das Herz des Hamburger Hafens.“An Elbfischer Oestmann kann er dabei nicht gedacht haben.

„Von Menschen und großen Pötten“läuft bis zum 5. April, dienstags bis sonntags 10 bis 18 Uhr.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen