: Linke stören rechte Demonstration
■ In Lübeck präsentieren sich rechte Wahlgemeinschaften auf offenem Feld
Lübeck (taz) –Im Abfalleimer vor dem Pennymarkt finden sich nur leere Bierdosen und Flachmänner. Ferngesehen wird in Lübeck-Moisling an diesem Samstag nicht. Ganze Familien kleben hinter der Fensterscheibe und verfolgen das Katz-und-Maus-Spiel zwischen Polizei und linken DemonstrantInnen, die versuchen, eine Demonstration des rechtsradikalen „Bündnis Rechts“ zu blockieren. Schließlich können die rund 200 Neonazis wohl eine Kundgebung auf freiem Feld, nicht jedoch ihren Umzug durchführen.
In Lübeck ist Kommunalwahlkampf, und die Demonstration soll den Auftakt für das „Bündnis Rechts“ bilden. Gerade in Moisling rechnet sich die Wählergemeinschaft Chancen aus, denn bei den letzten Kommunalwahlen errangen rechte Parteien hier 16 Prozent der Stimmen. Nun wollen die Neonazis ins Lübecker Rathaus einziehen. Aus Angst, durch ein Verbot der Demonstration einen Wahlanfechtungsgrund zu schaffen, genehmigt die Stadt den Umzug zunächst, verbietet ihn am Vorabend aber doch.
Da das „Bündnis Rechts“ bundesweit mobilisiere, könne von einer lokalen Wahlkampfveranstaltung keine Rede sein. Das Verwaltungsgericht Schleswig jedoch hebt das Verbot wieder auf, die Neonazis treffen in Lübeck zur Kundgebung ein. Als später linke DemonstrantInnen Straßenbarrikaden bauen und anzünden, untersagt Lübecks Bürgermeister Michael Bouteiller (SPD) den Umzug erneut. Denn die Sicherheit könne nicht mehr gewährleistet werden. Unterdessen werden rund 90 AntifaschistInnen festgenommen, mehrere hundert müssen ihre Personalien angeben.
Ein „Bündnis Rechts für Deutschland“ agiert landesweit in Schleswig-Holstein. Unter diesem Namen vereinen sich seriös daherkommende Rechtskonservative mit militanten Skinhead-Nazis und rechtsextreme Parteien wie die NPD und die „Deutsche Liga für Volk und Heimat“ mit Gruppen, die sich offen in die Tradition des Nationalsozialismus stellen.
Die Lübecker Wählergemeinschaft des rechten Bündnisses stellt bei den Kommunalwahlen den einzigen Kandidaten aus dem rechten Lager. Die Republikaner verzichten auf eine eigene Kandidatur, forderten ihre Klientel aber auf, das Bündnis zu wählen. Der Zusammenschluß fast aller Nazi-Organisationen ohne rechte Gegenkandidatur soll zum Modell für andere Kommunen, Bundesländer und auch für die Bundestagswahl werden. Nadia Berr
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