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Kein Interesse an Goebbels-Bunker

■ Stadtentwicklungssenator Strieder (SPD) und alle Parteien sprechen sich gegen einen Erhalt des Bunkers auf Mahnmal-Gelände aus

Der vor einer Woche entdeckte Nazi-Bunker auf dem Gelände für das Holocaust-Mahnmal war mit Sicherheit der Bunker des NS-Propagandaministers Joseph Goebbels. „Daran gibt es keine Zweifel mehr“, sagte der Landesarchäologe Wilfried Menghin gestern nach einer ausführlichen Begehung des Areals. Doch wie mit dem Bunker in Zukunft umgegangen werden soll, ob er zugeschüttet oder zugänglich gemacht wird, ist bisher noch nicht klar. Jedoch scheint es keine Mehrheiten für den Erhalt des Bunkers zu geben.

Menghin betonte, daß der Bunker möglichst erhalten bleiben, aber nicht unbedingt für die Öffentlichkeit zugänglich sein müsse. „Wenn er allerdings die Baumaßnahmen am Holocaust-Denkmal stören würde, müßte er nach einer feinsäuberlichen Dokumentation zugeschüttet werden“, sagte Menghin. Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) wies die Forderungen nach Denkmalschutz und Erhalt der entdeckten Bauten zurück. „Die Innenstadt ist ein Museum par excellence“, sagte er. Es sei schon lange bekannt, daß auf dem jetzt betroffenen Gelände das „Herz der Nazi-Maschinerie“ gelegen habe. Und: Eine Stadt könne nicht damit leben, daß all diese Gebiete unantastbar seien. „Genauso hätte man fordern können, daß die gesamte Berliner Mauer erhalten wird.“

Nach der gestrigen Begehung, an der neben Strieder und Menghin auch der oberste Denkmalschützer Helmut Engel und Staatssekretär Hans Stimmann teilnahmen, wird jetzt innerhalb der Behörde eine denkmalpflegerische und auch politische Bewertung des Umgangs mit dem Bunker erstellt. Diese soll dann dem Abgeordnetenhaus vorgelegt werden. 1994 lehnte das Parlament einen Denkmalstatus des auf dem gleichen Areal gelegenen Fahrerbunkers der SS-Leibstandarte Adolf Hitlers ab.

Ein Denkmalstatus für den Goebbels-Bunker wird im Abgeordnetenhaus wohl auch diesmal keine Mehrheit finden. Der kulturpolitische Sprecher der CDU- Fraktion, Uwe Lehmann-Brauns, möchte, daß der Bunker „zugeschüttet“ wird. Er sei aus ästhetischer und moralischer Sicht „nichts wert“. Das heiße „aber nicht, daß die NS-Vergangeheit an sich zu geschüttet werden soll“. Alice Ströver von den Bündnisgrünen fordert, daß der Bunker „gesichtet und dokumentiert“ und dann zugeschüttet werden solle. Auch die stadtentwicklungspolitische Sprecherin der PDS, Eva Müller, spricht sich für eine präzise Dokumentation aus, zweifelt aber daran, daß der Bunker für TouristInnen geöffnet werden müsse. Der Sprecher der SPD-Fraktion, Peter Stadtmüller, ist ebenfalls skeptisch: „Außer einem heute so beliebten Gruseln sehe ich wenig Sinn in der Erhaltung des Bunkers.“

Auch die Geschäftsführerin der „Topographie des Terrors“, Gabriele Camphausen, plädierte gestern dafür, daß der Bunker „zugemacht und weitergebaut“ werden soll, da der Schutzraum historisch nicht bedeutend genug sei. Vielmehr sei es sinnvoll, etwa den Luftschutzbunker in der Schöneberger Pallasstraße für zeithistorisch Interessierte zu öffnen.

Der Verein „Berliner Unterwelten“ forderte, das Baugelände sofort für die Öffentlichkeit freizugeben. „Das Interesse an Bunkern und Resten der Geschichte ist so groß, daß das Publikum Zugang haben sollte“, sagte der Kunsthistoriker und Vereinsvorsitzende Eberhard Elfer. Julia Naumann

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