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„Verschlafen haben wir's nicht“

■ „Spiegel“-Chef Stefan Aust glaubt nicht, daß das Blatt mit dem Protest gegen den Lauschangriff zu spät kommt: „Man kann noch etwas verhindern“

Seit Monaten planen Regierung und SPD den Grundrechtseingriff. Letzte Woche hat sich neben anderen auch der „Spiegel“ dem Protest der Journalistenverbände angeschlossen.

taz: Warum so spät?

Stefan Aust: Die jetzige Situation, in der Mediziner, Journalisten und Rechtsanwälte einbezogen werden, hat es so vorher nicht gegeben. Erst jetzt ist wirklich klar, was im Paket steht.

Das wissen wir doch schon seit Anfang Dezember, als der Kompromiß zustande kam.

Aber das ist ja erst eine sehr kurze Zeit. Wenn man so massiv, wie wir das jetzt tun, Position beziehen will, dann muß man ja ordentlich vorbereitet sein. In Wahrheit ist diese Woche eine sehr gute Woche, in der man noch etwas verhindern kann. Vorher bewegte man sich immer im Grauraum.

Selbst Ihr Herausgeber schreibt, die meinungsbildende Presse hätte das Thema verschlafen. Sie nehmen sich da aus?

Sicherlich nicht. Man hätte möglicherweise schon sehr viel früher und sehr viel intensiver berichten können. Aber verschlafen haben wir das Thema nicht.

Der „Spiegel“ hat in den letzten Monaten stark auf Themen wie organisiertes Verbrechen und Ausländerkriminalität gesetzt und eindeutig Stellung bezogen. Bedauern Sie es rückblickend, den Befürwortern des Lauschangriffs Munition geliefert zu haben?

Das glaube ich nicht. Man muß den Lauschangriff einerseits und das Abhören bei Journalisten, Ärzten und Anwälten andererseits auseinanderhalten. Man kann natürlich darüber debattieren, ob man bestimmte Fälle mit dem Lauschangriff besser aufklären könnte. Aber: Ich glaube, daß inzwischen eine Ausweitung stattfindet, indem man im Zuge der Kriminalitätsbekämpfung gleich noch ein paar Grundrechte, die stören, mit abräumt. Wenn man sagt, man dürfe nicht über organisierte Kriminalität reden, um dieses nicht zu provozieren, dann geht man in genau die Falle, die einem Kanther und andere stellen.

Wären Sie auch gegen den Lauschangriff, wenn er Journalisten nicht träfe?

Der Eingriff in das Redaktionsgeheimnis ist so eklatant, daß es richtig ist, in diesem Falle das Eigeninteresse zu betonen.

Ist es nicht bedenklich, daß Journalisten erst aufwachen, wenn sie ein Eigeninteresse bemerken?

Es ist mir lieber, als wenn sie überhaupt nicht aufwachen. Und man darf nicht vergessen: Der Eingriff in das Vertrauensverhältnis zwischen Informant und Redakteur ist der Kernbereich der Pressefreiheit. Und die ist ein hohes Gut nicht allein für die Journalisten, sondern für die Informationsfreiheit der Bevölkerung. Es sind die Leser, die an der Nase herumgeführt werden sollen. Interview: Lutz Meier

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