: Ziemlich schlaffes Stück
■ Trister Hochglanz für den Erotik-Butterberg: Jetzt kommt die "Liebe Sünde" auch gedruckt daher - als "Magazin für das sinnliche Leben"
Auf der Reeperbahn nachts um halb eins: Die schlaksige Moderatorin Mo kündigt kurz vor dem Abspann der fünfjährigen Geburtstagssendung von „Liebe Sünde“ freudig an, sie hätte ein schönes Geschenk für uns: nämlich die neue Liebe Sünde-Zeitschrift! Daß das seit vergangenen Donnerstag am Kiosk erhältliche, 14tägig erscheinende Blatt in Wahrheit 4,80 kosten soll, geschenkt – aber bitte, das alles wär' doch wirklich nicht nötig gewesen! Die ganze Mühe!
Schaut man dem (vorerst?) 60 Seiten schlaffen Stück dann trotzdem ins Maul, kommt es einem nicht gerade vor endlich gestilltem Verlangen. Als besonders phantasievoll läßt sich dieser Annäherungsversuch auch kaum bezeichnen – ganz ehrlich, leistungsfördernde Spargelspitzen durchstoßen doch heute jede Super Illu- Scholle, und auch die bestrumpfhosten Bestrebungen der Berliner Cross-Dresserin Bridge Markland dürften während der vergangenen Jahre hinlänglich Verwirrung unter den Geschlechtern gestiftet haben. Na gut, Intimabdruck-Gießmittel sind ein Thema, über das man offen sprechen sollte – aber reicht dazu nicht einfach die Sendung, die Woche für Woche von der Produktionsfirma mea culpa zusammengestellt und jeden Mittwoch um 22.20 auf Pro7 dargereicht wird?
Die „Liebe Sünde“-Moderatoren – von Matthias Frings über Andrea Thilo bis hin zu Mo Asumang – sind seit jeher eigentlich ein ganz sympathischer Haufen. Nur nutzt das beim Umblättern der Hochglanzseiten wenig, da die separaten TV- und Printredaktionen lediglich in Sachen Themenabsprache und Archivmaterial kooperieren. Sollte sich die Zeitschrift, produziert von der Bauer-Tochter Verlagsunion Pabel Moewig, darauf versteifen, auch weiterhin derart Altbackenes abzusondern, stellt sich auch schon die Frage, was für eine Leserschaft denn nun eigentlich aufgerissen werden soll – bei dem ohnehin hochragenden Erotik-Butterberg. Schließlich servieren ja auch noch die Nacheiferer Lilo Wanders („Wa(h)re Liebe“) und Verona Feldbusch („Peep“) unermüdlich Dominas und Deflorationsstorys, obwohl sich beim Fernsehzuschauer allmählich ein gewisses Sättigungsgefühl eingestellt haben dürfte.
Und die paar wenigen Rosinen des Liebe Sünde-Magazins picken sich aufmerksame Leserinnen allemal aus den gängigen Frauenzeitschriften heraus, von denen sich mittlerweile einige – zumindest der jüngeren Generation – ohnehin längst problemlos in Themen wie Analverkehr vertiefen. Monie Schmalz
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