Ganz oder gar nicht

■ 80 Prozent der Jugendlichen unter 15 gucken täglich fern. Eine Studie fragte danach, was

Kinder und Jugendliche im Alter zwischen 6 und 17 geben im Monat rund 50 Mark aus: Pro Jahr sind das für alle zusammen immerhin stolze 5,7 Milliarden Mark. Kein Wunder, daß Unternehmen, die sich davon eine Scheibe abschneiden wollen, gerne wissen möchten, wo das Geld bleibt. Deshalb investieren sie große Summen in die Erforschung jugendlicher Gewohnheiten. Wer am besten weiß, was die Kids am liebsten essen, trinken, anziehen und kaufen, kann die Produkte exakt auf die Bedürfnisse abstimmen.

Das große Problem dabei aus Sicht der Wirtschaft: Nichts ist so schnell von gestern wie die Vorlieben von Jugendlichen. Und was Zehnjährige noch fasziniert, halten Elfjährige schon für Babykram.

Mit dem Medienalltag der Jugendlichen hat sich zuletzt die kürzlich erschienene Studie „Coole Profis“ aus dem Egmont Ehapa Verlag befaßt. Auf der Basis einer Befragung von 1.600 Kindern und Jugendlichen im Alter von 8 bis 15 Jahren wurde da ein repräsentativer Tagesablauf erstellt. Gerade Zeitschriften und Fernsehsender wollen wissen, welche Jugendlichen sie wann und womit am besten erreichen. Schließlich leben sie alle von Werbung, und die bekommen sie nur, wenn sie vorweisen können, daß diese auch wahrgenommen wird. Bei der konkurrierenden Medienflut kann sonst die beste (Werbe-)Botschaft auf der Strecke bleiben.

Wichtigste Erkenntnis: Kinder wollen von den Medien vor allem ernst genommen werden. Es gibt kein Medium, das vielleicht „ein bißchen“ an ihren Erwartungen vorbeizielt. Entweder akzeptieren sie es ganz oder gar nicht. Deshalb gilt für die Medien der gleiche Grundsatz wie für Markenartikel: Altersübergreifende Zeitschriften oder TV-Sendungen gibt es nicht.

Der repräsentative Tagesablauf birgt der Studie zufolge nur wenige Überraschungen. Wenn sie nicht schlafen, beschäftigen sich die Kinder und Jugendlichen mit Dingen, die sie tun müssen: Schule, Hausaufgaben, im Haushalt helfen (das muß zwar nur jeder vierte, aber dann immerhin 100 Minuten pro Tag). Die Freizeit-Hits der „Kids“ sind Medien: 80 Prozent sehen täglich fern, knapp 30 Prozent beschäftigen sich täglich mit Comics, Zeitschriften, Zeitungen und dem Radio, erst dann folgen Spiele und Sport. Immerhin ein Fünftel verbringt täglich Zeit am Computer oder mit Videospielen.

Während sich Eltern bei Büchern und Comics völlig raushalten, ist die Fernseh- und Computerzeit begrenzt; die berühmte Sorge um die „eckingen Augen“ läßt 80 Prozent der Eltern den TV- Konsum streng überwachen, behauptet die Studie. Jungs sind übrigens aktivere Nutzer von elektronischen Medien und Comics als Mädchen, die dafür mehr Kinder- und Jugendzeitschriften lesen.

Auch beim Fernsehprogramm gibt es klare Vorlieben. Kinder und Jugendliche interessieren sich vor allem für Serien, Kino- und Fernsehfilme sowie für Comic- und Märchenfilme. Am beliebtesten sind Sitcoms („Eine schrecklich nette Familie“), sie sprechen alle Altersgruppen an. Daily Soaps („Gute Zeiten, schlechte Zeiten“) hingegen werden von Mädchen zwischen 10 und 15 bevorzugt. Das Fernsehen ist für die 8- bis 15jährigen vor allem eine Tätigkeit am Abend; zwischen 20 und 21Uhr sitzen 37 Prozent von ihnen vor dem Fernseher.

Entsprechend niedrig ist der Anteil der Zeit, die sie „ihrem“ Programm widmen (26 Minuten), denn Kindersendungen werden tagsüber gezeigt. Rein zeitlich gesehen, ist das Fernsehen für die Kids doppelt so wichtig wie andere Medien. Das Radio zum Beispiel wird ohnehin nur als Klangteppich genutzt. Auch der Computer dient vorrangig der Zerstreuung: Neun von zehn Kindern und Jugendlichen benutzen ihn als Gameboy. Tilman P. Gangloff