■ Nachschlag: „Killing Mother“ im MGT Studio
Eine Uraufführung im Studio des Maxim Gorki Theaters. „Killing Mother“, ein Zweipersonenstück von Jürgen Wolff, der 1948 in Berlin geboren wurde, aber seit 1953 in den USA lebt, ein Mutter- Sohn-Drama. Ödipus meets Medea. Worum es geht? Ein Sohn (Ulrich Anschütz) besucht immer freitags seine Mutter (Monika Lennartz). Die ist alt und vereinsamt, lebt von Chips und Ketchup, wäscht sich nicht und zieht sich auch nicht an, weil sie die Wohnung sowieso nicht mehr verläßt. Der Sohn ist auch nicht gerade das, was man einen Glückspilz nennt. Und jeden Freitag spult sich wohl nach gleichem Muster das gleiche Drama ab. Haß, Liebe, Demütigungen und alte Rechnungen, die stets bloß präsentiert, aber nie beglichen werden. An diesem Freitag aber nehmen die Dinge einen anderen Lauf. Die Mutter will nämlich sterben. Und der Sohn soll ihr dabei nicht bloß behilflich sein, sondern sich gleich mit umbringen. Denn schließlich hätte ohne Mutter das Leben für ihn doch keinen Sinn.
Hier steht das Kammerspiel am Wendepunkt zur Tragödie, und das Publikum hält den Atem an. Doch die Tragödie bleibt aus, und das Todesspiel hat ein unverhofftes Happy-End. Es war am Ende bloß ein fieser Trick der Mutter, um den Sohn von seinem Versagerleben zu erlösen. Dies ist dem Sohn, als er's durchschaut, verständlicherweise doch zuviel, und er löst sich aus der tödlichen Umarmung. Er geht, und diesmal soll es für immmer sein. Auch wenn ihm die Mutter hinterhergiftet: „Nächsten Freitag bist du wieder da.“
Jürgen Wolffs Dialoge sind manchmal messerscharf und manchmal ziemlich holzschnitthaft. Die Regie der Wenka von Mikulicz, die sonst Regieassistentin bei Katharina Thalbach ist, konzentriert sich aufs Holzschnitthafte und wird von ihrer Bühnenbildnerin Pia Hausmann dabei kräftig unterstützt. Berge von Zeitungen, ein ungemachtes Bett, Dreck und alte Möbel. Dazu jede Menge dreh- und wendbare Bühnenteile, die dann auch bei jeder Gelegenheit gedreht und gewendet werden. Die alte Mutter trägt ein altes Kleid, darüber ein altes, verdrecktes Nachthemd plus Bettjäckchen. Und als wär's noch nicht genug, sprüht sie der Sohn noch mit Fußspray ein, als er ihr die Socken wechselt. So ähnlich wird dann auch gespielt.
Um 16 Uhr fand am Premierentag eine Veranstaltung mit dem Autor statt, der nicht bloß Stücke und Drehbücher schreibt, sondern, wie wir leider erst beim Rausgehen lesen, auch Workshops für Manager und andere Bedürftige zu den Themen Kreativität und Blockaden macht, und zwar als Hypnosetherapeut. „Sitcom und Hypnose“ – das wär's vielleicht gewesen... Esther Slevogt
Wieder am 14. und 19. 2., 20 Uhr, Maxim Gorki Theater, Studio
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