: Gebündelt gegen den Ausstieg
■ Geplanter norddeutscher AKW-Verbund verbessert theoretisch die Chance auf den Ausstieg. Rein praktisch aber gibt es die HEW
Prüfen, beobachten, verhandeln will die Umweltbehörde die Pläne der Hamburgischen Electricitäts-Werke, beim AKW-Betrieb enger mit der PreussenElektra (Preag) zu kooperieren. Das Vorhaben biete Chancen zum Ausstieg aus dem AKW Brunsbüttel, erklärte gestern Umweltsenator Alexander Porschke (GAL). Er räumte aber auch einen „Pferdefuß“ein: Durch die Kooperation kann der Atomstrom billiger werden, die Meiler würden in ihrem Bestand gesichert. Aussagen der HEW deuten darauf hin, daß sie letzteres anvisieren: die Bestandssicherung ihrer Atomkraftwerke.
Die beiden Stromkonzerne verhandeln zur Zeit, ob sie ihre AKWs in ein gemeinsames Tochterunternehmen einbringen (s. taz v. 17.2.). Im Verbund ließen sich zeitweilige Überproduktionen oder Engpässe einzelner Anlagen abfedern – die „Reibungsverluste“innerhalb der Produktion und mithin die Kosten würden sinken.
„Wenn die vorhandenen Überkapazitäten in der Hand einer Gesellschaft sind, dann verbessert das die Möglichkeit, diese Überkapazitäten durch Verzicht auf ein Kraftwerk zu reduzieren“, hofft Porschke. Sprich: Mindestens ein AKW könnte abgeschaltet werden, wenn andere, bislang nicht vollständig ausgelastete Kraftwerke seine Aufgabe nicht übernehmen. HEW-Sprecher Ulrich Kresse bestätigt, daß durch die Kooperation die Kapazitätsreserven beider Konzerne „gebündelt“werden können. „In einer gemeinsamen Gesellschaft müssen wir vielleicht ein paar Megawatt weniger als bisher an Reserve vorhalten“, erklärte Kresse. „Aber ich glaube nicht, daß diese Einsparung die Kapazität eines Kraftwerkblockes ausmacht.“
Statt dessen verfolgen die HEW das Ziel, „dem Kostendruck bei der Stromerzeugung zu begegnen“. Sprich, die Kosten des Atomstroms zu senken, auf daß die Meiler möglichst lange wettbewerbsfähig und damit am Netz bleiben.
GAL-Energieexperte Lutz Jobs fürchtet außerdem um den städtischen Einfluß auf die HEW. Vor einem Jahr hat sich die Preag mit 12,5 Prozent bei den HEW eingekauft. Mit der jetzt geplanten Kooperation entstehe „zunehmend ein Super-Monopolist“, der mit umweltfeindlichen Groß- und Atomkraftwerken den ganzen norddeutschen Markt kontrollieren könnte“.
Hamburg ist derzeit noch Mehrheitseigentümerin der HEW und kann deshalb die Unternehmenspolitik mitbestimmen. Inwieweit die Stadt aber auf eine HEW/Preag-Tochter Einfluß nehmen kann, ist noch nicht klar. „Die bisherige Ansage der HEW ist: Die Durchgriffsmöglichkeiten der Stadt sollen sich nicht verschlechtern“, so Porschke.
Wie der energiepolitische Einfluß des Senats gesichert werden soll, bestätigen HEW und Umweltsenator, sei dabei, wie alle Einzelheiten der geplanten Kooperation, „noch völlig offen“.
Achim Fischer
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen