: Ein Hauch Verschwörung
■ Der Mörder ist immer die Stasi: „Wer erschoß den Treuhandchef?“ (23 Uhr, ARD)
Wer hat am 1. April 1991 den Chef der Treuhandanstalt in Berlin, Detlev Karsten Rohwedder, erschossen? War es die Rote Armee Fraktion, die sich noch am Tatort in einem Schreiben verantwortlich bekannte? Oder waren es möglicherweise Gegenspieler des Treuhandchefs, die durch ihn die Aufdeckung ihrer millionenschweren Schiebereien im Osten Deutschlands zu fürchten hatten? Werner Czanschke und Clemens Schmidt favorisieren eindeutig letztere These – und ist ihnen einen 45-Minuten-Film wert.
Sicher ist bislang nur eines: Die Täter sind bis heute nicht identifiziert, die Spuren sind im Leeren verlaufen. Und sicher ist auch, daß die Strafverfolgungsbehörden nach wie vor von einer Täterschaft der RAF ausgehen. Anders die beiden WDR-Autoren. Sie haben das Leben Rohwedders durchleuchtet, nach dessen potentiellen Feinden und nach deren potentiellen Motiven gesucht. Und, welch Wunder, sie wurden fündig. Bei der Stasi versteht sich. Deren Offiziere waren immerhin seit Jahren Experten im Unterlaufen der Embargobestimmungen, Mielkes Firma verfügte über die Ausbildungsplätze und -logistik für angehende Attentäter. Und Rohwedder, heißt es im Off, habe „verhindern wollen, daß alte Kombinatsdirektoren sich ihre alten Betriebe unter den Nagel reißen“.
Explizit wird natürlich nicht behauptet, daß da alte Stasis am Werke waren. Doch das argumentative Strickmuster ist bekannt: Das Bundeskriminalamt habe „alle Spuren ignoriert, die auf eine Verstrickung alter Seilschaften hindeuten“. Gleichzeitig treten Zeugen auf mit so gewichtigen Aussagen wie: „Wer Antiterrorspezialisten ausbildet, kann auch Terroristen unterrichten.“ Garniert wird das Ganze mit Morddrohungen, die Rohwedder vor seiner Erschießung in sächsisch erhalten haben soll. Zuletzt wird sogar in Frage gestellt, ob die im Juni 1993 in Bad Kleinen verhaftete Birgit Hogefeld nach Ende der 80er Jahre Kommandomitglied der RAF war. Das ist nicht ganz unwichtig, hat sie in ihrem Prozeß das Rohwedder-Attentat doch der RAF zugerechnet. Offen bleibt auch eine andere Frage: Wenn schon klandestine Stasikreise hinter Rohwedders Ermordung gestanden haben, warum sollten die ausgerechnet das RAF-Logo benutzen? Wolfgang Gast
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