Liberalitätstest für FDP

■ 2.700 Studenten proben „friendly takeover“ der Berliner FDP – doch die Partei ziert sich

Berlin (taz) – Den Studenten ist es ernst. Das hat inzwischen auch die FDP gemerkt und wendet sich nun, per einheitlicher Sprachregelung, von den bislang willkommenen Parteineulingen ab. „Klamaukeintritte“ werde es nicht geben, sagte Generalsekretär Guido Westerwelle in Bonn. „Ich habe keine Lust darauf, daß mit der FDP Klamauk getrieben wird“, erklärte der Landesvorsitzende Martin Matz gleichlautend in Berlin. Matz nahm gestern im Berliner Parteibüro rund 2.700 Beitrittsanträge entgegen, die das studentische „Projekt Absolute Mehrheit“ in den zurückliegenden sechs Wochen gesammelt hatte. Die Zahl entspricht ziemlich genau dem derzeitigen Mitgliederstand. Daß sich eine Partei über Nacht verdoppelt, das kommt nicht oft vor. „Andere Parteien blicken nicht ohne Neid auf die FDP“, freute sich Matz denn auch, als er die Formularpäckchen entgegennahm.

In Wahrheit gibt der Massenbeitritt den Liberalen nicht nur Anlaß zur Freude. Organisator Lukasz Pekacki beteuerte zwar, es handele sich um ein „friendly takeover“. Doch er verhehlte nicht, daß die Studenten vor allem deshalb in die FDP eintreten wollen, weil sie die kleinste der Parteien ist. „Die Gründung einer neuen Partei“, sagt Pekacki, „wäre ein zu großer organisatorischer Aufwand.“

Die Initiatoren des Projekts argumentieren auf einem schmalen Grat. Einerseits müssen sie zur Politik der Liberalen Distanz wahren, um studentische Unterstützer zu gewinnen. Andererseits müssen sie sich zu liberalen Grundsätzen bekennen, um ihre Aufnahme in die Partei nicht zu gefährden.

Einen „Gruppenbeitritt“ sehe die FDP-Satzung ohnehin nicht vor, betonte Matz. Er betrachte die 2.700 ausgefüllten Formulare daher „als einzelne Anträge“. In den nächsten Tagen sollen alle Beitrittswilligen ein Begrüßungsschreiben des Landesverbands erhalten, der die Anträge anschließend an die Ortsverbände weiterleitet. Ihnen empfiehlt Matz, in Einzelgesprächen die liberale „Grundeinstellung“ und die „Ernsthaftigkeit des politischen Engagements“ zu testen. „Wie bei Musterungsgesprächen“ solle es dabei aber nicht zugehen. Man könne „nicht verlangen, daß jeder alle Beschlüsse der FDP teilt“. Er sei zuversichtlich, daß „viele Leute zur FDP passen“.

Vielen liberalen Ortsverbänden ist das entschieden zu viel Liberalität. Vor allem die Nationalliberalen fürchten, die Studenten könnten ihren Einfluß in der Partei mindern. Im Bezirk Neukölln kündigte der Vorsitzende daher vorsorglich an, seine Parteifreunde würden die Bewerbungen „en bloc“ ablehnen. Als „Lastwagenpolitik übelster Art“ kritisierte gestern auch ein Ortsverbandsvorsitzender aus dem Bezirk Spandau die Aktion. „Wer Basketball spielen will, darf nicht in einen Fußballverein eintreten.“ Ralph Bollmann