■ Querspalte
: Soldaten sind Anzeigenkunden

Vor zwei Tagen teilten Vorstand und Chefredaktion der taz den Leserinnen und Lesern dieser Zeitung mit, daß sie in der taz demnächst Anzeigen der Bundeswehr zu sehen bekommen werden. Von „heftigen Diskussionen“ war die Rede und von einem Entschluß: „Der Vorstand hat jetzt entschieden: Ja, wir werden drucken.“

Warum auch nicht? Die taz braucht Geld, und ausgerechnet der Bundeswehr einen gehörigen Batzen abzuknöpfen, könnte ein Coup sein – wenn man nämlich die Imagepoliturversuche der Wehrmachtsnachfolgeorganisation Bundeswehr mit Artikeln begleitete, die Rühe und seinen Leuten unmißverständlich klarmachten, daß sie sich schwer verschätzt haben. Ein entschlossen pazifistisches und fröhlich antimilitaristisches Blatt, das von der Bundeswehr teilfinanziert wird, und das dem genasführten Haufen anschließend hohnlachend in die Hintern tritt: Das wäre schön. Und die taz-Chefs erklären ja auch ihre guten Absichten: „Keine Anpassung der redaktionellen Inhalte“, schwören sie und geben sich aufklärerisch-kämpferisch: „Die taz in die Kasernen!“

Zweifel sind aber berechtigt: denn überschrieben ist der Text nicht etwa mit einem spöttischen „Geld her, Bundeswehr!“, sondern mit einem höchst rätselhaften Satz: „Ein Dialog ist keine Einbahnstraße.“ Was soll das bedeuten? Ist dieses rhetorisch schwer bedeutungsvoll daherkommende, substantiell gleichzeitig federleichte Diktum ein Aperçu von Ulrich Wickert? Oder direkt von Helmut Kohl? Zumindest klingt der Satz so, und man kommt aus dem Grübeln gar nicht mehr heraus: Was ist ein Dialog, wenn schon nicht, wie bisher immer angenommen, eine Einbahnstraße? Eine Autobahn? Ein Parkhaus?

Und wieso ist überhaupt von einem „Dialog“ die Rede, wenn es doch nur darum geht, ein möglichst gutes Geschäft zu machen? Man kann dem Braten nicht trauen: Wo geldliche Angelegenheiten ideologisch aufgeschäumt werden, ist für gewöhnlich Betrug im Spiel.

Dann lieber mögen Vorstand und Chefredaktion der taz unverhohlen einen Diener vor der Bundeswehr machen, „der Kunde ist König!“ säuseln und sich Tucholsky für ihre aktuellen Zwecke gefügig machen: „Soldaten sind Anzeigenkunden! Anzeigenkunden! Anzeigenkunden!“ Wiglaf Droste