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Lange Fußmärsche wegen BVG-Streik

■ 10.000 Beschäftigte beteiligen sich an Warnstreik im öffentlichen Dienst. Befürchtetes Verkehrschaos bleibt aus. Senat verständnislos

Gefaßt reagierten die meisten BerlinerInnen auf die Beeinträchtigungen durch den gestrigen Streik. „Die Berliner stellen sich auf solche Situationen sehr gut ein“, ließ die Polizei verlauten. Ein Verkehrschaos sei ausgeblieben, nur an einigen Stellen, besonders auf der Stadtautobahn, sei es zu zähflüssigem Verkehr gekommen.

Etwa 10.000 Beschäftigte der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG), der Stadtreinigung (BSR) und der Wasserbetriebe beteiligten sich am Warnstreik der Gewerkschaft ÖTV, um ihren Forderungen nach 4,5 Prozent mehr Lohn und Gehalt Nachdruck zu verleihen. Bei der BVG blieben Busse und Bahnen von Dienstbeginn an bis um acht Uhr in den Depots. Erst gegen zehn Uhr lief der Nahverkehr halbwegs reibungslos. Dennoch kamen Zehntausende zu spät zur Arbeit. „Im Einzelhandel sind wir auf Pünktlichkeit angewiesen. Ich mußte vom S-Bahnhof Friedrichstraße eine Viertelstunde zu Fuß laufen“, sagte die Verkäuferin Jutta Thomas.

Was des einen Leid, war des andern Freud. „Ich habe mit nur zwei Fahrten die Hälfte meiner Tageseinnahmen gemacht. Beides waren sehr lange Farten“, schildert Taxifahrer Andreas Buchholz sein Streikerlebnis. Laut Taxi-Innung hatten die Fahrer am Dienstag morgen ungefähr doppelt so viele Fahrten als sonst üblich.

Kein Verständnis für den Warnstreik hatte Senatssprecher Michael-Andreas Butz. Sie würden auf dem Rücken der Bürger ausgetragen. Wer Lohnerhöhungen fordere, „muß auch erklären, woher das Geld kommen soll“.

ÖTV-Sprecher Ernst-Otto Kock sagte dagegen, die Streiks seien von den BerlinerInnen relativ gut aufgenommen worden. Die Menschen zögen Parallelen zu ihrer eigenen Situation und sähen, daß die Situation im öffentlichen Dienst problematisch sei. Besonders freute sich Kock über eine Solidaritätsbekundung des „Aktionsbündnisses Arbeitslosenproteste“. „Das zeigt, daß der Spaltungsversuch zwischen Arbeitslosen und Steikenden nicht gegriffen hat.“ Auf die Forderung der Arbeitsloseninitiative, die Fahrkartenkontrolleure sollten in einen „hartnäckigen Streik treten“, weil viele Arbeitslose die hohen Tarife nicht mehr bezahlen könnten, reagierte Kock jedoch zurückhaltend: „Wir können keine Teilstreiks veranstalten.“ Peter Kasza Seite 4

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