■ Der UN-Sicherheitsrat beschließt eine neue Irak-Resolution
: Das weite Feld der Interpretation

Die Gefahr eines Krieges gegen den Irak ist mit der neuesten Resolution des UN-Sicherheitsrates keineswegs gebannt. Die Resolution befürwortet zwar das Abkommen zwischen UN-Generalsekretär Kofi Annan und der irakischen Regierung, droht aber gleichzeitig mit „ernsthaftesten Konsequenzen“, falls diese Übereinkunft gebrochen wird. Noch ist also alles möglich.

Die Einstimmigkeit, mit der die Resolution angenommen wurde, kann nicht über die weiterbestehende Uneinigkeit des Sicherheitsrates in Sachen Irak hinwegtäuschen. Die Interpretationsspielräume der Resolution werden für weitere Konflikte sorgen. Die USA und Großbritannien leiten aus ihr das Recht ab, bei einer Verletzung automatisch militärisch zuzuschlagen. Die anderen Mitglieder des Sicherheitsrates dagegen schließen in diesem Falle erneute diplomatische Initiativen nicht aus.

Wie die Resolution letztendlich interpretiert werden wird, ist eine Frage der Machtverhältnisse. Und es stellt sich die Frage, wie sehr sich die USA von den anderen Sicherheitsrats-Mitgliedern im Falle einer Verletzung noch beeindruckt fühlen oder, wie es ein Sprecher des US-Außenministeriums vollkommen unverblümt ausdrückte: letztendlich komme es gar nicht auf den Wortlaut der Resolution an. Sicherheitshalber wird US-Außenministerin Albright nach Europa reisen, um Unterstützung für einen bevorstehenden Krieg zusammenzutrommeln. In Washington hat man aus dem Fehler der letzten Krise gelernt, als man erst große Worte verlor und seine Truppen mobilisierte und erst dann danach fragte, was eigentlich der Rest der Welt dazu zu sagen hat.

Viel wichtiger als die Auslegung des Wortlautes des Resolution ist zunächst ohnehin eine andere Frage: Wann kann eigentlich das Abkommen zwischen Annan und der irakischen Regierung als verletzt betrachtet werden? Vieles deutet darauf hin, daß die USA alles daran setzen werden, die Irak-Krise doch noch militärisch zu lösen. Nicht umsonst wird der Hunderte Millionen Dollar teure Truppenaufmarsch am Golf weiter aufrechterhalten. Und wer nach einem Grund sucht, das teure Gerät einzusetzen, der findet ihn auch. Wie ein Zyniker in Kairo unlängst witzelte: „Es braucht nur einen schnauzbärtigen Iraker, der eine Toilettentür in einem der jetzt zu untersuchenden Paläste Saddam Husseins von innen verschließt und damit die Waffeninspektoren bei ihrer Arbeit behindert.“ Der Casus belli wäre geschaffen. Karim El-Gawhary