: Organhandel stoppt Joint-venture in China
Das deutsche Pharmaunternehmen Fresenius steigt aus einer Dialyseklinik im südchinesischen Kanton aus. Denn sehr wahrscheinlich sind die Mediziner am Handel mit den Nieren hingerichteter Gefangener beteiligt ■ Von Sven Hansen
Berlin (taz) – Das deutsche Pharmaunternehmen „Fresenius Medical Care AG“ zieht sich aus einer Joint-venture-Klinik in der südchinesischen Stadt Kanton zurück. Es könne trotz laufender Kontrollen nicht ausgeschlossen werden, daß dort bei Nierentransplantationen die Organe hingerichteter Gefangener verwendet würden, sagte gestern Fresenius- Sprecher Oliver Heieck der taz. Die Firma sei mit solchen Praktiken nicht einverstanden. Fresenius aus Bad Homburg, nach eigenen Angaben Weltmarktführer für Dialysetechnik, ist seit 1996 am „Guangzhou Nanfang-NMC Hemodialysis Centre“ mit 50 Prozent beteiligt.
Laut Heieck ist Fresenius einem Bericht des US-Fernsehsenders ABC vom Oktober nachgegangen. Danach warben Mittelsmänner der Klinik in chinesischsprachigen US-Zeitungen zu festen Terminen für Nierentransplantationen, die nach Informationen des Senders von hingerichteten Gefangenen stammten. „Wir haben keine Beweise, können es aber auch nicht ausschließen, und das reicht uns“, so Heieck. Die Recherchen ergaben, daß in der Klinik auch ausländische Patienten dialysiert werden. „Wir haben eins und eins zusammengezählt und uns gefragt, warum soll ein Amerikaner ausgerechnet für eine Dialyse-Behandlung nach China fliegen, wenn er sie auch in den USA erhalten kann. Das sind eindeutige Hinweise für uns.“ Für Fresenius sei es so gut wie unmöglich, in China Beweise zu finden, aber die Firma habe den Eindruck, daß der Handel mit den Organen Hingerichteter stattfinde.
Das Gemeinschaftsunternehmen sei ursprünglich gegründet worden, um in China erstmals Blutwäsche für Nierenkranke anzubieten und entsprechendes Personal auszubilden. Jetzt soll die Dialyseklinik dem Joint-venture- Partner, der Nanfang-Krankenhausgesellschaft, „möglichst innerhalb der nächsten Tage“ überschrieben werden. Dies werde nicht an finanziellen Fragen scheitern. „Es ist auch eine 1-Mark-Lösung denkbar“, so der Fresenius- Sprecher. Einen Bericht in der heutigen Ausgabe des Stern, wonach es sich bei dem Joint-venture- Partner um die Nanfang-Militärklinik handele, konnte er weder bestätigen noch dementieren.
Die von Fresenius hergestellte Speziallösung „Euro-collins“, mit der Nieren vor der Transplantation gespült werden, will Fresenius hingegen weiter in China vertreiben. Das Unternehmen sei auch den Patienten gegenüber verantwortlich, die regulär eine Transplantation erhielten. Um Mißbrauch ausschließen zu können, müßten sich sonst auch Hersteller von OP-Tischen oder Narkosemitteln zurückziehen.
Menschenrechtsorganisationen werfen chinesischen Behörden vor, am Handel mit Organen Hingerichteter beteiligt zu sein. Vergangene Woche hatte in New York die Verhaftung zweier Chinesen Aufsehen erregt, die einem FBI- Agenten Organe hingerichteter Gefangener zum Kauf angeboten hatten. Einer der Festgenommenen war ein ehemaliger Staatsanwalt. Er soll dem Agenten versichert haben, daß die Organe von Hingerichteten stammten. Die Regierung in Peking hat die Identität des Mannes bestätigt, bestreitet aber die Verwicklung staatlicher Stellen in den Organhandel. Laut amnesty international gab es 1996 in China 4.367 Hinrichtungen.
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