„Absolut schlimme Geschichte“

■ GAL-Antrag für bessere Kontrolle von Arzneimittelausfuhr von der Bürgerschaft einmütig angenommen

Hamburg soll sich für eine bessere Kontrolle von Arzneimittelrohstoffexporten stark machen. Das hat die GAL-Fraktion gestern in der Bürgerschaft beantragt. Handlungsbedarf sehen die Grünen deshalb, weil die Helm AG in den Verdacht geraten ist, verdorbene Rohstoffe in Länder außerhalb der EU vertrieben zu haben. Das Unternehmen mit Hauptfirmensitz in der Hansestadt, einer der weltweit größten Händler für ArzneimittelRohstoffe, soll sich dabei eine Gesetzeslücke zu Nutze gemacht haben.

„Obwohl das eine absolut schlimme Geschichte ist, hat es bisher keinen großen Aufstand deshalb gegeben“, bedauerte gestern der gesundheitspolitische Sprecher der GAL, Peter Zamory, im Gespräch mit Journalisten vor der Bürgerschaftssitzung.

In der Plenardebatte am Nachmittag stimmten alle Fraktionen dem Antrag der GAL zu. „Aus Profitinteressen“, so Zamory in seiner Rede, „wurde hier über Kinderleichen gegangen.“Daß die Helm AG bisher nicht gegen entsprechende Presseberichte juristisch vorgegangen ist, „ist für mich ein Schuldeingeständnis“. Lutz Kretschmann (SPD) versprach, „billige Entsorgungsmöglichkeiten für pharmazeutischen Müll nicht zuzulassen“. Der Transithandel im Hamburger Hafen sei leider „völlig ungeregelt“. Man brauche mehr staatliche Kontrolle.

Bis heute ist der weltweite Handel mit pharmazeutischen Rohstoffen nicht regulierbar. Die Gesundheitsministerkonferenz der Länder hat lediglich im November das zuständige Bundesministerium aufgefordert, in Brüssel auf schärfere Kontrollen im Transithandel mit Arzneimittelrohstoffen hinzuwirken. Der Senat soll jetzt bis Ende Juni herausfinden, welche Schritte in Bonn und auf EU-Ebene bisher unternommen wurden. Außerdem soll sich der Senat auf Bundesratsebene für die Ausweitung des deutschen Arzneimittelgesetzes auf pharmazeutische Rohstoffe und deren Vertrieb einsetzen, um eine strafrechtliche Handhabung zu schaffen.

Hintergrund des Antrags sind die Vorwürfe gegen den Pharma-Multi Helm AG: Der Konzern und seine Tochterfirmen sollen mit dem Frostschutzmittel Glykol verunreinigtes Glyzerin nach Haiti geliefert haben. 1996 sollen dort 88 Kinder nach der Einnahme eines Fiebersaftes verstorben sein, der das Glyzerin als Trägersubstanz enthalten haben soll. Die Hersteller in Haiti hatten sich auf das deutsche Gütezeichen verlassen. Die Hamburger Staatsanwaltschaft und die niederländischen Behörden ermitteln seit Sommer 1997 gegen den Pharma-Multi. lian/sim