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Kandidaten-Roulette dreht sich weiter

Bei Stiftung Preußischer Kulturbesitz ist am Dienstag erneut Präsiden- tenwahl. Einigung vor Bundestagswahl fraglich  ■ Von Ralph Bollmann

Womöglich haben sich die Stölzl-Freunde zu früh gefreut. Wenn der Rat der Stiftung Preußischer Kulturbesitz am kommenden Dienstag erneut zur Präsidentenwahl zusammentritt, ist der Direktor des Deutschen Historischen Museums zwar der einzige Kandidat. Ob der Intimus des Bundeskanzlers aber zusätzlich zu den 120 Stimmen des Bundes eine Mehrheit der Länderstimmen auf sich vereinigen kann, ist weiter unklar.

Zwar hofft der Leiter der Kulturabteilung im Bundesinnenministerium, Wolfgang Bergsdorf, daß die Länder nach dem Rückzug ihres Favoriten Klaus-Dieter Lehmann den aus ihrer Sicht „zweitbesten Kandidaten wählen“. Doch hatten in den früheren Wahlgängen nur Bayern, Baden-Württemberg und das Saarland mit ihren bescheidenen elf Stimmen für Christoph Stölzl votiert. Selbst wenn Berlin, das einflußreichste Land im Stiftungsrat, seine 23 Stimmen für Stölzl in den Ring werfen sollte, hätte dieser die erforderlichen 41 Länderstimmen noch nicht erreicht.

Der Sprecher von Berlins Kultursenator Peter Radunski (CDU) hatte nach Lehmanns Verzicht einen solchen Schwenk angedeutet. Er äußerte die Hoffnung, „daß am 10. März der Weg für Stölzl frei ist“. Seine Rechnung hat er aber möglicherweise ohne den Koalitionspartner gemacht. Nach Ansicht des SPD-Kulturpolitikers Nikolaus Sander ist nach der gegenseitigen Blockade von Bund und Ländern „auch Stölzl ein beschädigter Kandidat“.

Nach dem Wahlergebnis in Niedersachsen hört man von Stölzl- Gegnern immer öfter, daß die Entscheidung nicht dränge und die Stiftung keinen Schaden nehme, wenn sie noch bis zum Herbst vom Vizepräsidenten Norbert Zimmermann geleitet werde. Die Aussicht auf einen möglichen Machtwechsel in Bonn dürfte die Neigung der SPD-Länder nicht eben erhöht haben, sich ein halbes Jahr davor noch den Kandidaten des Kanzlers ans Bein zu binden.

Unterdessen hat die Zeit-Herausgeberin Marion Gräfin Dönhoff einen neuen Kandidaten ins Spiel gebracht: Thomas Gaehtgens, Kunsthistoriker an der Freien Universität, schrieb sie, „würde in dieses Amt jene Weltläufigkeit bringen, die für die Zukunft unerläßlich ist“. Gaehtgens selbst hält sich derzeit am Deutschen Forum für Kunstgeschichte in Paris auf. Dort erklärt die Sekretärin, er sei „in eine Forschungsarbeit vertieft“ und nicht erreichbar. Das verwundert nicht. Würde er sich öffentlich als Kandidat präsentieren, erginge es ihm wie Lehmann. Vertreter von Bund und Ländern bekunden aber unisono, daß sie den Vorschlag „nur aus der Zeitung“ kennen.

Auf ein neues Findungsverfahren deutet auch die Haltung der nordrhein-westfälischen Kulturministerin Ilse Brusis hin, die nach Berlin mit 16 Stimmen im Stiftungsrat den größten Einfluß hat. „Das Hinwegsetzen des Bundes über die föderale Meinungsbildung“ habe „das ganze Verfahren ad absurdum geführt“.

Als Lehmann, der Direktor der Deutschen Bibliothek, vergangene Woche auf seine Kandidatur verzichtete, übte er harsche Kritik am Bund, der seinen Kandidaten „lange vor Beginn des eingeleiteten Findungsverfahrens unwiderruflich und einseitig bestimmt“ habe. Es deute „alles darauf hin, daß sich die bestehende Konstellation allenfalls durch die Bundestagswahl ändern kann“. Stölzl stehe für eine „Event-Kultur“, nicht aber für jene langfristige Weiterentwicklung zu einem „wirklichen Verbund“ der 17 Museen mit Staatsbibliothek und Staatsarchiv, die allein eine „neuartige Nutzung“ dieser Schätze ermöglichen könne.

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