: "Die Halle ist doch ein Stück Berlin"
■ Quer durch die Parteien zeigen sich KulturpolitikerInnen bestürzt über das mögliche Aus des traditionsreichen Tränenpalasts
Nina Hagen, Wolf Biermann und viele andere Ost-Künstler sind zu DDR-Zeiten durch den Tränenpalast in den Westen abgeschoben worden. Nach Öffnung der Grenze traten die KünstlerInnen in der ehemaligen Grenzabfertigungshalle am Bahnhof Friedrichstraße auf. Doch jetzt steht der Tränenpalast in Mitte, einst letzte Station vor der Reise von Ost nach West und heute denkmalgeschützte Veranstaltungsstätte für Tanz, Varieté und Konzerte, trotz seines historischen Charakters vor dem Aus. Und quer durch die Parteien zeigen sich KulturpolitikerInnen bestürzt.
„Als Denkmal und Kulturstätte muß der Tränenpalast unbedingt erhalten bleiben“, kommentiert Eva Müller, stadtentwicklungspolitische Sprecherin der PDS, daß die Deutsche Bahn AG den TränenpalastbetreiberInnen zum Monatsende den Vertrag gekündigt hat. Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, bekräftigt: „Hier in Berlin brauchen wir solch selbständige Kulturinstitutionen, die unabhängig von öffentlichen Subventionen arbeiten.“ Die geplante Mietpreiserhöhung – auf eine Verdreifachung der bisherigen Monatsmiete lautet das Angebot der Bahn – sei allein schon wegen der seit Jahren anhaltenden Bauarbeiten der Bahn auf dem Gelände „exorbitant“.
Für den kulturpolitischen Sprecher der CDU, Uwe Lehmann- Brauns, „muß es möglich sein, ein überdurchschnittliches Kulturetablissement wie den Tränenpalast zu erhalten“. Die Halle sei doch ein Stück Berlin, so Lehmann- Brauns.
Die CDU will sich zunächst nicht in die Verhandlungen zwischen Bahn und Betreibern einmischen. Sollten die KulturveranstalterInnen durch die Mieterhöhung jedoch die Halle räumen müssen, sei auch seine Fraktion zu Gesprächen mit der Bahn bereit, erklärte Lehmann-Brauns. „Was ist es der Bahn wert, daß sie ihr Eigentum nicht nur an Spielbetriebe, sondern auch an kulturelle Einrichtungen vermietet?“ so Lehmann-Brauns.
Auch für die PDS-Fraktion steht jetzt der Appell an die Verhandlungsbereitschaft der Bahn im Vordergrund. Der DB sei nicht zu empfehlen, sich einzugliedern in die Reihen der „Saubermänner, die angepaßte Konzepte einer bunten Nutzung vorziehen“. „Die Nutzung des Tränenpalastes steht für Innenstadtaktivierung“, so Eva Müller. Sollte die Bahn die Miete dennoch erhöhen, müsse der Senat den Veranstaltern finanziell unter die Arme greifen. Weder von der Kulturverwaltung noch von Kulturstadträtin Eva Mendel (Mitte) waren gestern Stellungnahmen zu erhalten. Kerstin Marx
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