: Klemann führt Regie in der Kulturbrauerei
■ Im Streit um das Multiplex-Kino in der Schultheiss-Brauerei an der Schönhauser Allee will die Bauverwaltung das Verfahren an sich ziehen. Streit um Genehmigungsfähigkeit. Bündnis Prenzlauer Berg u
Nun drückt der Bausenator aufs Gaspedal. Nach monatelangem Tauziehen um die Baugenehmigung für ein Multiplex-Kino auf dem Gelände der Schultheiss- Brauerei in Prenzlauer Berg will Jürgen Klemann (CDU) das Verfahren an sich ziehen. Dies bestätigte gestern Klemanns Sprecherin Petra Reetz. „Wir werden das noch prüfen“, so Reetz, „aber in der Tendenz sieht das so aus.“ Damit reagiert Klemann auf den Widerspruch der Treuhand-Liegenschaftsgesellschaft (TLG), der das Bezirksamt die Baugenehmigung versagt. Mit einer solchen Entscheidung würde der Bezirk als Genehmigungsbehörde für das umstrittene Großkino neben der Kulturbrauerei entmachtet.
Erst vergangene Woche hatte sich die Bezirksverordnetenversammlung mit einer knappen Mehrheit von PDS und Bündnis Prenzlauer Berg erneut gegen ein Multiplex-Kino und eine Großdisco an der Schönhauser Allee ausgesprochen. CDU und SPD unterstützen dagegen die Pläne der TLG. Beide Fraktionen waren kürzlich an den Bausenator herangetreten, um für eine möglichst rasche Genehmigung des TLG-Projekts zu sorgen. Dabei spielte auch das Votum der Kulturbrauerei eine Rolle, die im Falle eines Scheiterns der TLG-Pläne um das eigene Fortbestehen fürchtet.
Nachdem das Bezirksamt Prenzlauer Berg bereits vor geraumer Zeit das Bebauungsplanverfahren gestoppt hatte, können das Großkino und die Disco nun nur noch nach Paragraph 34 des Baugesetzbuchs genehmigt werden. Maß und Art der Bebauung und Nutzung müssen sich dann in die unmittelbare städtebauliche Umgebung anpassen. Da es sich bei Großkinos und Discos um kerngebietstypische Nutzungen handelt, sagte der Fraktionsvorsitzende des Bündnisses Prenzlauer Berg, Andreas Otto, wären sie eigentlich nicht genehmigungsfähig. Dies sei bereits in Stellungnahmen bestätigt worden. Der Grund: Bislang gilt das Areal zwischen Schönhauser Allee und Knaackstraße als Mischgebiet.
Für den Bausenator scheint dies freilich keine Rolle zu spielen. Auch hier heißt es, man werde prüfen. Weitaus entscheidender dürfte die Zustimmung der anderen Senatoren für eine Baugenehmigung sein. Und auch hier dreht sich der Wind für die Multiplex- Befürworter. Während Stadtentwicklungssenator Peter Strieder (SPD) in einer offiziellen Stellungnahme im September 1997 wegen der kerngebietstypischen Nutzungen noch „erhebliche Bedenken“ gegen das TLG-Vorhaben äußerte, ist er nun plötzlich dafür. Damit steht im Senat nur noch Wirtschaftssenator Pieroth dem Großkino ablehnend gegenüber.
Im Bezirk sorgt die Ankündigung Klemanns bei den Kinogegnern für Ärger. „Verheerend“, nannte PDS-Fraktionsvorsitzender Michael van der Heer den Vorstoß des Bausenators. Er verwies auf den Kompromißvorschlag seiner Fraktion, ein kleineres Kino zu bauen sowie die Berlinische Galerie und ein „Grünes Haus“ der Grünen Liga auf dem Gelände unterzubringen. Auch Bündnis- Mann Otto erneuerte seine Hoffnung, „die Nutzungsdiskussion noch einmal öffnen zu können“. Er plädiert für ein „Werkstattgespräch“, bei dem Architekten und Planer über Alternativen der Nutzung und Finanzierung nachdenken können. Uwe Rada
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