: Hindupartei bei Regierungsbildung vorerst gescheitert
■ Wichtige indische Regionalpartei verweigert hindunationalistischer BJP die Unterstützung
Delhi (taz) – Der von der nationalistischen Hindupartei BJP geführten Parteienallianz fehlen zur Bildung der Regierung 30 Mandate. Atal Behari Vajpayee, der BJP-Kandidat für das Premierministeramt, gab den Versuch der Regierungsbildung inzwischen vorläufig auf. Staatspräsident K. R. Narayanan empfing deshalb gestern Vertreter der Kongreßpartei und der Vereinigten Front. Keiner von ihnen beanspruchte bisher die Regierungsbildung, da sie noch weiter von einer Mehrheit entfernt sind als die BJP. Derweil begann die Verwaltung damit, einen Nothaushalt vorzubereiten. Denn in zwei Wochen beginnt das neue Fiskaljahr. Es wird immer unwahrscheinlicher, daß bis dahin eine neue Regierung einen regulären Haushalt präsentieren kann.
Die Hürde für Vajpayee ist die tamilische Politikerin J. Jayalalitha. Ihre regionale AIADMK- Allianz brachte dem BJP-Bündnis überraschend 27 Abgeordnete ein, mit denen die Politikerin pokert. Zuerst verhinderte eine Zehenoperation ihre Reise nach Delhi. Dort angekommen, mußten die BJP-Führer auf sie warten, bis die astrologische Konstellation günstig war. Schließlich reiste sie nach Madras zurück, ohne ihre Unterstützung schriftlich zugesagt zu haben. Es ist ein offenes Geheimnis: Jayalalitha will für ihren Vertrauten Subramaniam Swamy den Posten des Finanzministers. Sie steht unter Anklage, als Chefministerin von Tamil Nadu zu ihrem persönlichen Vorteil Wirtschaftsdelikte begangen zu haben. Bei deren Verfolgung ist das Finanzministerium federführend. Ironischerweise hatte Swamy die meisten Verfahren gegen sie angestrebt. Nun soll er als ihr neuer Verbündeter auch für deren Einstellung sorgen.
Im Hauptquartier der BJP ist die Stimmung gedrückt. Jayalalithas Verhalten gibt einen Vorgeschmack darauf, was Vajpayee als Premierminister erwartet. Die vorläufige Rückgabe des Mandats zur Regierungsbildung zeigt immerhin, daß die BJP nicht alle Prinzipien über Bord wirft, nur um an die Macht zu kommen. In der Führung artikuliert sich immer deutlicher die Auffassung, daß die BJP erneut ihren Gegnern den Vortritt lassen soll, um dann nach einem weiteren Regierungssturz mit deutlicher Mehrheit ins Parlament zu ziehen.
Der Staatspräsident befindet sich in einer wenig beneidenswerten Lage. Die nächstgrößte Partei, der Kongreß, steckt in einer Krise, weil sie mit 140 Sitzen weit schlechter als erhofft abgeschnitten hat. Parteipräsident Kesri ist zurückgetreten, um Sonia Gandhi Platz zu machen, die aber zögert. Der Partei fehlt auch ein Fraktionsführer und damit ein Kandidat für das Amt des Premierministers. Die Lage in der Vereinigten Front ist noch verworrener. Mit knapp hundert Sitzen und großen Verlusten fehlt ihr die Legitimation zum Regieren. Und in der Frage der Unterstützung einer Kongreß-Regierung ist sie heillos zerstritten.
Zweifellos wird sich bald unter den 38 Parteien im Parlament eine Konstellation ergeben, die schließlich die Hürde einer Vertrauensabstimmung nehmen wird, und sei es durch zahlreiche Enthaltungen. Aber es dürfte eine Zufallsmehrheit werden, provoziert durch die Angst der über 400 neuen Abgeordneten, bald mit Neuwahlen konfrontiert zu werden, bevor die Schulden für den abgelaufenen Wahlkampf getilgt sind. Bernard Imhasly
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