Kommentar: Eduscho-Boot zu voll
■ In der Krise ist Schluß mit Konsens
Solange es einer Firma gutgeht und – wie einst bei Eduscho – die Sonderleistungen üppig fließen, vergißt so mancher kleine Angestellte gerne mal, daß er möglicherweise doch nicht in einem Boot sitzt mit seinen Chefs. Jahrelang herrschte in dem heute schwer angeschlagenen Ex-Familienunternehmen offiziell Frieden und Einvernehmen zwischen einem eigenwilligen Patriarchen an der Spitze und einem am Konsens orientierten Betriebsrat. Daß Gewerkschafter immer wieder Einschüchterungen gegen all jene beklagten, die an dem alten Gegensatz zwischen Kapital und Arbeit festhielten, wurde von der großen Mehrheit der Angestellten hingenommen.
Jetzt ist das schlingernde Boot zu voll geworden, hunderte von Leuten werden nach dem Willen der neuen Chefs aus dem Hause Tchibo über Bord geworfen. Und Aus ist es mit dem Konsens zwischen Belegschaft und Firmenleitung. Die Mitarbeiter haben bei den Betriebsratswahlen mit ihrem Votum für die klassischen Gewerkschaften für eine härtere Linie der Belegschaft gegen die Entlassungen gestimmt. Dahinter steht die verzweifelte Hoffnung, daß ihre neuen Vertreter mit intelligenten Konzepten Arbeitsplätze bei dem heruntergewirtschafteten Kaffeeröster sichern. Nicht leicht für die siegreichen Gewerkschafter: Denn bei bloßer Verweigerungshaltung könnten die Tchibo-Chefs den Geldhahn zudrehen und das ganze Eduscho-Schiff versenken. Joachim Fahrun
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