: Hogefeld ohne Nachlaß
■ Gerichtshof bestätigt „lebenslänglich“ trotz Fehler im Teilurteil Weiterstadt
Karlsruhe (AP/dpa/taz) – Birgit Hogefeld kommt nicht früher frei. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat die Verurteilung gegen das RAF- Mitglied für den Sprengstoffanschlag auf die Justizvollzugsanstalt in Weiterstadt zwar aufgehoben. Hogefelds lebenslange Freiheitsstrafe hat der Gerichtshof allerdings bestätigt. Der Revision der 41jährigen gegen das Urteil zu dem Sprengstoffanschlag gaben die Karlsruher Richter gestern wegen fehlerhafter Beweiswürdigung statt. In den anderen Fällen lehnte der Bundesgerichtshof eine Revision ab.
Die Richter erklärten, das Frankfurter Oberlandesgericht habe im Fall Weiterstadt die Überzeugung von der Schuld der Angeklagten anders als bei den übrigen Anschlägen nicht aus unmittelbaren Taten der Angeklagten ableiten können. Statt dessen habe sich das Gericht auf „tatfernere Indizien“ gestützt. Ferner seien die Richter davon ausgegangen, daß die Angeklagte ihr Tatwissen nicht von ihrem Lebensgefährten Wolfgang Grams erfahren haben könne. Dies hätte sonst gegen die angebliche Regel der Roten Armee Fraktion verstoßen, wonach Einzelheiten der Tat nicht weitergegeben werden sollten.
Der Bundesgerichtshof rügte, diese Regel sei nur für die Jahre vor 1984 nachweisbar. Ob dies auch nach dem grundsätzlichen Strukturwandel der RAF seit 1992 noch gelte, habe das Oberlandesgericht nicht bedacht.
Das Ende 1996 gegen die RAF- Terroristin erlassene Urteile auf lebenslange Haft wegen Anschlägen auf den damaligen Finanzstaatssekretär und heutigen Bundesbankpräsidenten Hans Tietmeyer, die Rhein-Main-Air-Base der US-Streitkräfte und der Ermordung eines US-Soldaten bleibt von der Entscheidung des Bundesgerichtshofs unberührt.
Das OLG lastete Hogefeld auch die Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung an. Weil es von einer besonders schweren Schuld ausging, kann die 41jährige nicht mit einer Freilassung nach 15 Jahren rechnen. Normalerweise wird eine lebenslange Strafe nach Ablauf dieser Frist automatisch überprüft.
Hogefeld selbst hatte sich Ende 1996 von den Gewalttaten der RAF distanziert, sich aber zur Mitgliedschaft in der Terrororganisation bekannt. Sie war im Juni 1993 auf dem Bahnhof im mecklenburgischen Bad Kleinen festgenommen worden. Ihr Begleiter Wolfgang Grams und der GSG-9-Beamte Michael Newrzella kamen dabei ums Leben.
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