■ H.G. Hollein: An- und Verkauf
Die Frau, mit der ich lebe, sieht es nicht gern, wenn ich das Abendblatt lese. Angesichts der Rubrik Geschäftsverbindungen bekäme ich nämlich immer so einen glasigen Blick von Freiheit und Unternehmertum. Ich stelle mir das so vor: Als erstes lege ich mir mal „1 IKEA Chefsessel, Leder, schwarz“für DM 300 zu, als nächstes den „Büro/Baustellencontainer, gebraucht ab 2.200 Mark“. Geld spielt keine Rolle, schließlich versichert die Albatros Konsult KG: „Sie haben die Idee – wir haben das Kapital.“Damit geht's dann an die nachfrageorientierte Warenbeschaffung. „200 bis 400 Prozent erzielen Sie mit unseren Textilien.“Da greife ich doch zu. „5.000 Ski-Handschuhe u. 500 Thermo-Wendejacken, superbillig“und zur Abrundung der Produktpalette am besten auch noch „2.000 warm gefütterte Kindergummistiefel“. Lagerprobleme kenne ich nicht, wozu gibt es „800 Gitterollwagen, neuwertig, jetzt 85 Mark“das Stück? Und für das „Handling“ist der Gabelstapler „Steinbock“mit seinem „7-Meter Triplexmast“günstig zu haben. Absatzmärkte brauche ich gar nicht erst zu erschließen, kauft doch Ernst Klein „Warenreste bar“, und was der nicht will, schaffe ich halt nach Uetersen. Dort kauft man schließlich auch „jede Ware aus Geschäftsauflösungen“. Angst vorm Sturz in den finanziellen Abgrund? Pah! Da wartet doch schon die EURO-Consulting, die „Ihre GmbH auch bei hoher Verschuldung“übernimmt. Gegen allzu nachdrücklich auftretende Geldeintreiber bietet zudem der „Tiermarkt“Abhilfe: „freundliche, smaragdgrüne Baumnatter, 2 Meter, Verhandlungsbasis 400 Mark“– allemal ein griffiges Argument. Und schließlich ist auch noch die Gefährtin da. „Gebrauchte Schuhe, alle paarweise, ca. 15 Tonnen“sind einfach zu verlockend. Ein Tapetentisch ist schließlich schnell aufgestellt, und ein paar Stunden nach Feierabend auf der Großen Bergstraße scheinen mir in einer funktionierenden Partnerschaft kein unbilliges Anliegen. Aber irgendwie kann ich mir die Gefährtin nicht so recht als billigen Jakob vorstellen.
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