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Strindberg-erprobte Treppenwesen

■ Im April eröffnet Koinzi-Dance, Hamburgs erste Schule für interdisziplinäre Kunst

Jeden Morgen geht Nele Lipp zum Briefkasten und hofft auf Post. Die Hamburgerin ist die erste Vorsitzende von Koinzi-Dance, der ersten Schule für Interdisziplinäre Kunst in Hamburg. „Ich bin schon ziemlich nervös“, gesteht die Kunstpädagogin, die in den letzten Monaten mit der Vorbereitung und Organisation der ersten Kurse der Schule beschäftigt war: „Wir haben noch nicht genug Anmeldungen für alle Workshops und Seminare, um sie stattfinden zu lassen, und so ist der morgendliche Gang zum Briefkasten eine echte Tortur.“

Am 18. April beginnen die Kurse der vor neun Monaten gegründeten Schule, die einen generellen Trend in Wissenschaft und Kunst aufgreifen will: „Vernetzung, Interaktion und Grenzüberschreitung sind allgegenwärtige Begriffe, und es geht uns darum, diese auch in den Bereich der Kunst zu transportieren.“Diese Idee ist nicht neu. Der Koinzi-Dance-Flyer nennt selbst zwei Künstler, die in der Vergangenheit interdisziplinär gearbeitet haben, und in deren Tradition sich die Schule sieht: Den Schriftsteller und Fotografen Emile Zola und den Dichter und Komponisten August Strindberg.

Die Fortbildungskurse, die Interessierte unabhängig von ihrer Vorbildung besuchen können, sollen für die Verknüpfung verschiedener Ausdrucksformen sensibilisieren. Ein Beispiel dafür ist der Workshop „Über Tanz kann man reden“, bei dem die Tanzjournalistin Dagmar Fischer Berührungsängste mit dem Tanztheater abbauen und das auf der Bühne Gesehene „in Worten spiegeln“will. Tänzerischer Ausdruck soll beurteilt, sprachlicher Ausdruck geschult werden.

Fischers Workshop gehört zu der Gruppe der insgesamt neun Gastkurse, die für 120 bis 250 Mark Teilnehmergebühr an einem Wochenende stattfinden werden. Außerdem im Programm sind so geheimnisvolle Kursthemen wie „Die Treppe – ihr Wesen – ihre Funktion“oder „Inszenierung für Auge, Ohr und Nase“.

Veranstaltungen und Seminare, die über einen längeren Zeitraum an Wochentagen stattfinden sollen, sind noch in Vorbereitung. „Ich hoffe, daß es im August mit den längeren Kursen losgeht. Es kommt darauf an, ob wir bis dahin genug Geld haben, um einen passenden Raum zu mieten, denn bisher sind wir eine Schule ohne Schulhaus“, meint die Vorsitzende des 17 Mitglieder zählenden Vereins Koinzi-Dance, die bis jetzt das Gros der Kosten aus ihrem Privatvermögen bezahlt hat. „20.000 Mark habe ich in die Schule gesteckt. Es ist ein echter Aderlaß“, lacht die Organisatorin, Tanzpädagogin und Dozentin für Tanzgeschichte, „aber man muß eben was riskieren“.

York Pijahn

Koinzi-Dance, Schule für interdisziplinäre Kunst in Hamburg, c/o Nele Lipp, Auf dem Sand 16, 21271 Hanstedt, Tel.: 04184/7484

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