: Fitneß im Faltenwurf
■ Zwischen Nepp und Internet: Notizen von der „Internationalen MuseumsMesse“
„Das Messeereignis“findet nebenan statt. Die Firma timpe mock präsentiert dem Lackierergewerbe die Kollektion der Frühlingsfarben, und es stehen sogar Autos mit Kölner Kennzeichen vor der neuen Bremer Messehalle Nummer fünf. Uns verschlägt es am Sonnabend morgen um neun Uhr in die Halle vier. Denn hier debütiert die „white balance project pool agency“mit der ersten „Internationalen MuseumsMesse“, die laut dpa als „Fitneßkurs für Museen“bis heute abend rund 700 FachbesucherInnen anlocken soll.
Ein Spalier roter Rosen säumt den Weg der Gäste in die Halle, wo erstens die ubiquitären AgenturmitarbeiterInnen freundlich grüßen und zweitens auffällt, wie hübsch der Teppichboden wellenhafte Falten wirft. Dahinter haben rund 50 AusstellerInnen ihre Stände auf der subventionierten Messefläche aufgebaut. Mit rund einer viertel Million Mark unterstützt das Wirtschaftsressort den „Fitneßkurs für Museen“, der ihnen neue Vertriebswege für Artikel in ihren Shops erschließen und so auch mehr Geld in die Kasse bringen soll. Doch brauchen die solch ein Training überhaupt?
Einige BremerInnen sind – wie üblich – skeptisch bis naserümpfend. Trotzdem haben sie VertreterInnen zum gemeinsamen und zentral plazierten Stand der heimischen Museen entsandt. Die „white balance“-Chefin Claire Klindt, sagt einer, habe von selbst nicht mal das Gespräch gesucht. Das Wort dilettantisch fällt und dann aber auch die Äußerung, daß immerhin etwas Messeähnliches zustande gekommen ist. In der Spezialisierung auf die Vermarktung von irgendwie museumsnahen Produkten hat auch die erste Auflage dieser Messe in Europa nur in Paris Konkurrenz. Deshalb gibt es außer den Wirtschaftsförderern auch hier noch Fachleute, die sich etwas davon versprechen: Kontakte natürlich und eines Tages vielleicht ein erheblich größeres BesucherInnen-Echo, von dem etwas auf die Häuser abfällt.
Noch aber, so scheint es, brauchen die meisten AusstellerInnen die Museen. Mit einem Angebot zwischen Dienstleistung und Nepp, Kunsthandwerk, Geschenkartikeln und (an diesem Ort nicht gerade koscherer) juristischer Beratung buhlen sie um Auftraggeber und einige Quadratzentimeter Verkaufsfläche im Museumsshop. Die Namhaftesten – Verlage etwa – sind nicht vertreten und haben es entweder nicht nötig oder den Zweck der Veranstaltung noch nicht erkannt. Im Gegensatz dazu die Hersteller von kitschigen Imitaten antiker Skulpturen, von Strumpfhosen mit (spaßig! spaßig!) aufgedruckten Kogler-Insekten und anderen mehr oder weniger originellen Beiträgen für die Geschenkeabteilung. Doch wer weiß schon, wofür die Leute – auch im Museum – Geld ausgeben?
Die häufigsten Fragen im Internet drehen sich um sex and crime, betitelt die Bremer Softwareschmiede „Coinn“ihren Stand. Die tummelt sich in einer Nische des World Wide Web und trimmt die Bestände des Übersee-Museums auf Multimedia. Wenn man sieht, wie gut die Bonner Bundeskunsthalle die Ausstellung Arktis-Antarktis im Netz präsentiert hat, ist solch ein Thema auf dieser Fachmesse ganz richtig aufgehoben. Ob das für anderen AusstellerInnen von Krawatten, Lernspielen und schlichtem Mumpitz gilt, wird sich zeigen, wenn die Subventionierung ausläuft. „Man muß bei diesem Projekt einfach Standing haben“, so der lakonische Kommentar eines Bremer Museumsmanns. ck
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