: Obrigkeit beseitigt wildes Märzgedenken
■ Bauverwaltung läßt illegale Straßenschilder der Bezirke am Brandenburger Tor abschrauben
Der Schilderkrieg um das Gedenken an die 1848er Revolution geht weiter. Noch am vergangenen Mittwoch hatte Mittes Bezirksbürgermeister Joachim Zeller (SPD) mit Blick auf die von ihm angebrachten Straßenschilder am Brandenburger Tor verkündet, er sei „gespannt, wie lange die Schilder hängen werden“: Gemeinsam mit seinem grünen Kollegen aus Tiergarten, Jörn Jensen, hatte Zeller den „Platz vor dem Brandenburger Tor“ symbolisch in „Platz des 18. März 1848“ umgetauft. Am Montag ließ die zuständige Senatsverwaltung für Bauen, Wohnen und Verkehr die „März-Schilder“ wieder abschrauben. Die Bezirkspolitiker hätten widerrechtlich gehandelt, begründete die Sprecherin Petra Reetz die Aktion.
Hintergrund ist ein Streit zwischen den Bezirken Mitte und Tiergarten einerseits und dem Berliner Senat (die taz berichtete) andererseits. Nach dem Beschluß der BVV Mitte, den Platz westlich des Brandenburger Tors umzubenennen, hatte der Senat dem Bezirk das Verfahren entzogen. Statt dessen wurde das Gelände vor dem Maxim Gorki Theater am Mittwoch offiziell in „Platz der Märzrevolution“ umbenannt.
Mit ihrer symbolischen Aktion haben die Bezirksbürgermeister die Proteste der „Aktion 18. März“ sowie zahlreicher VertreterInnen aus Politik und Wissenschaft gegen den Senatsbeschluß unterstützt. Als „Schlag gegen die Pflege demokratischer Tradition in Deutschland“ bezeichnet Volker Schröder von der „Aktion 18. März“ die Aktion der Bauverwaltung. Seine Initiative fordert die „unverzügliche Wiederanbringung der Schilder“.
Bezirksbürgermeister Jensen hat die Hoffnung auf eine mögliche Revidierung des Senatsbeschlusses noch nicht aufgegeben. „Vielleicht“, so Jensen, „kehrt in diesem Senat ja doch noch Vernunft ein.“ Allerdings sei die Handlungskompetenz seines Bezirksamts im Moment „ausgereizt“.
Alice Ströver, kulturpolitische Sprecherin der Bündnisgrünen, sieht in einer Klage des Bezirksamts Mitte gegen die Umbenennung des Platzes am Gorki Theater noch eine Chance, den Senatsbeschluß zu kippen. Sie verweist darauf, daß ein Teil des neu benannten „Platzes der Märzrevolution“ bereits vorher den Namen „Am Festungsgraben“ getragen habe und somit eine gewidmete Straßenfläche gewesen sei. „Gegen die Umbenennung auf formalrechtlicher Ebene vorzugehen“, erklärt Ströver, „ist daher noch möglich.“ Kerstin Marx
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