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■ Cash & CrashBayern München darf jetzt an die Börse

Die Manager von Bayern München können sich über das „Dritte Finanzmarktförderungsgesetz“ freuen. Frohlocken dürfen auch ausländische Investoren. Und schließlich würden auch private Anleger profitieren, weil der Finanzplatz Deutschland noch attraktiver werde, behauptet die Bundesregierung. Über einhundert Einzelmaßnahmen hat sie in das Förderpaket hineingesteckt. Ansonsten gänzlich scherzlos, ist das Gesetz heute, am 1. April, in Kraft getreten. Weiterhin kleingeschrieben wird darin allerdings der Verbraucherschutz.

Zusammengefügt wurde das Gesetz mit dem langen Namen aus drei großen Brocken. Der dickste betrifft allgemein Aktien und den Wertpapierhandel. So wird Firmen der Börsenzugang künftig erheblich einfacher gemacht. Derlei Erleichterungen reichen vom Verkaufsprospekt bis zur modernen Aktie ohne Nennwert.

Brocken Nummer zwei verbessert die Geschäftsgrundlage für Kapitalanlage-Gesellschaften: Zugelassen sind jetzt eine Reihe neuartiger Investmentfonds, wie zum Beispiel sogenannte „Pensions-Sondervermögen“. Sie könnten künftig den Lebensversicherungen ihren Platz an der Finanzsonne streitig machen.

Der dritte Brocken im Finanzmarktförderungsgesetz soll helfen, eine der massivsten Schwachstellen im hiesigen Finanzland zu beseitigen: das Fehlen von Risikokapital für innovative Kleinunternehmen. Der Finanzplatz nähert sich damit den international üblichen Angebotsnormen.

Für die Verbraucher verbergen sich im Dritten Finanzmarktförderungsgesetz enorme Gefahren. Beispielsweise sind falsche Angaben in einem Verkaufsprospekt für Aktien nun bereits nach drei Jahren verjährt; bislang galten hierfür fünf Jahre. Schlimmer noch: Regelwidrige Beratung ist nicht mehr 30 Jahre lang strafbar, sondern verjährt schon in maximal drei Jahren. Nicht allein die Verbraucherzentralen halten dies für eine erhebliche Verschlechterung: Nach den Erfahrungen von Arno Gottschalk von der Verbraucherzentrale Bremen dauert es lange, bis ein Schaden erkannt wird. „Und dann machen viele Opfer erst mal nichts.“ Früher war dies halb so schlimm, aber jetzt ist die Zeit für eine gerichtliche Klage blitzschnell abgelaufen.

Damit fällt Deutschland weit hinter den internationalen Verbraucherstandards zurück. Warum sich die Bundesregierung einen attraktiven Finanzplatz lediglich mit abgebautem Verbraucherschutz vorstellen kann, bleibt ihr Geheimnis.

Bayern München kann dies egal sein. Künftig dürfen Jungunternehmen aufs Börsenparkett, ohne vorher jahrelang erfolgreich als AG gewirtschaftet zu haben. Solches ist zwar für Anleger riskant, aber aktienhungrige Fußballvereine können nun noch in diesem Jahrtausend an die Börse. Hermannus Pfeiffer

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